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dauernden, aber auch über sie in die Vergangenheit zurückgrei-
fenden Staates, des Staates, den das Septembermanifest geschaffen
und die Dezemberverfassung materiell gewandelt hat, ohne ihn
formell geändert zu haben, wenn man so sagen darf, als ab-
solut-konstitutionell, wobei beide Verfassungsformen in dem
diesen Staat konstituierenden Verfassungsprinzipe gedanken-
mäßig gleichzeitig beschlossen waren, in der Gestaltung des
materiellen Gehaltes der Verfassung aber jene Verfassungsform
durch Selbstbindung des Monarchen von dieser abgelöst wurde.
Auch nach den Verfassungsreformen, die auf Grund der Dezember-
verfassung erfolgt sind — es sei die Reichsratswahlreform des
Jahres 1907 beispielsweise angeführt, die wir doch zweifellos in
der Verfassung des Jahres 1867 logisch verankern (nicht anders
wie vorhin der konstitutionelle im absoluten Staat verankert
wurde), — nehmen wir doch auch nicht einen gewissermaßen im
Hintergrund lauernden Fortbestand der abgeänderten Bestimmun-
gen der Dezemberverfassung an, welche etwa nach Belieben ge-
wissermaßen aus sich heraus an ıhre Stelle treten könnten; da
stehen unbestrittenermaßen auch nur noch die verfassungsmäßigen
Wege zur Verfassungsänderung, insbesondere zur Wiederherstel-
lung des früheren Verfassungszustandes offen. Nicht anderes gilt
aber auch von der konstitutionellen Dezemberverfassung im Ver-
hältnis zur vorangegangenen absolutistischen Verfassung des Sep-
tembermanifestes. Daß also der Gegenwartsstaat Oesterreich auf
ein zunächst absolutistisch gestaltetes Rechtsprinzip zurückgeführt
wird, ist kein Zeichen der Schwäche für den Konstitutionalismus,
nichts, was ihn konkurrenziert oder gefährdet. Es müßte dann
ebenso auch der Absolutismus des Jahres 1865 als unecht, sozu-
sagen verwässert angesehen werden, weil er den Konstitutionalis-
mus aus sich geboren hat.
Daß sich absolutes und konstitutionelles Prinzip in einem
Rechtsprinzipe treffen, nicht gleichzeitig, aber hintereinander an
einem einzigen Staat im Rechtssinn aufscheinen, dafür ist der