Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 37. Band. (37)

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erscheinungen zwar wunschgemäß, aber doch nur zufällig. 
Nur eine kleine letzte Vorbemerkung! Wie sehon mehrfach 
angedeutet, kann es nicht Aufgabe der Jurisprudenz und somit 
auch nicht unsere Aufgabe sein, die unveränderte rechtliche Gel- 
tung der vorkonstitutionellen Rechtserscheinungen, sei es auch auf 
Kosten der Logik, nachzuweisen. Eine solche Aufgabe wäre um 
so weniger verlockend, als mit dem Nachweise der Geltung 
für ein von irgend einer über das Recht erhabenen Warte aus 
bestehendes Geltensollen noch nicht das mindeste bewiesen 
wäre. Es fragt sich nur darum, ob sich die Erkenntnis eines 
rechtlichen Geltens irgendwie zwanglos ergibt. Dann wäre näm- 
lich das Urteil, daß die Anwendung dieses Rechtsstoffes verfas- 
sungswidrig sei, nicht aufrechtzuerhalten (ohne daß übrigens das 
andere Urteil, daß die Praxis dem Geiste der Verfassung wider- 
strebe, das nämliche Schicksal erfahren müßte). 
Nimmt man die Dezemberverfassung zum Ausgangspunkt, 
d. h., nimmt man die Staatswerdung des neuen heutigen Oester- 
reich in diesem Augenblicke an, dann muß man darauf verzichten, 
vorkonstitutionelles Recht als geltend zu behaupten und nach- 
zuweisen. Vergeblich würde man nämlich nach einem Gesetzgebungs- 
akte fahnden, durch den vorkonstitutionelles Recht rezipiert wor- 
den wäre. Greift man aber, wie wir, auf der Suche nach der Rechts- 
einheit bis zum Septembermanifest, d. h. bis zur Gründung des 
letzten absoluten Staates zurück, dann ergibt sich unge- 
zwungen nebst dieser erweiterten formalen, auch eine weit dar- 
über hinaus-, in die absolutistische Vergangenheit zurückreichende 
materielle Rechtseinheit, indem hier die Erkenntnis- 
möglichkeit für einen Rezeptionsakt vorliegt. 
Rechtssatz ist im absoluten Staate der jeweilige Wille des 
Monarchen; man wird vielleicht die Einschränkung machen, daß 
nur dem irgendwie zum Ausdruck gebrachten Willen des Mon- 
archen dieser Charakter zukomme; und für Oesterreich mag man
	        
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