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seit Einführung des Reichsgesetzblattes®! sogar behaupten, nur
der im Giesetzblatt publizierte monarchische Wille sei Recht;
nichtsdestoweniger wird sich trotz dieser erschwerten Erkenntnis-
möglichkeiten eine Rezeption noch immer vertreten lassen. Wenn
der Monarch eine mit der von ihm selbst gegebenen Verfassung
unverträgliche Verfassungsurkunde (des öfteren war es eine solche
des restituierten absoluten Staates) erließ, dann wurde damit —
sollte doch immer nur die jeweilige widersprechende Verfassungs-
urkunde „abgeändert“ werden —, alles übrige Gesetzesrecht im-
plicite immer von neuem gesetzt. Die versuchte Aenderung der
(teils absolut unveränderlichen, teils nicht auf dem eingeschlagenen
Wege des Oktrois abänderbaren) Verfassung mußte jedesmal er-
folglos bleiben, vielmehr handelte es sich um eine gänzliche Neu-
schöpfung. Aber gerade von dem Standpunkt aus, daß dem Staats-
streich eine neue Staatsgründung gelang, muß man annehmen,
daß der Versuch der Rezeption des alten Rechtsstoffes von Erfolg
begleitet war. Dem etwaigen Erfordernisse der Publikation, das
zunächst jedenfalls nur für den absoluten Staat der Grün dungszeit
des Reichsgesetzblattes bestand, das man aber auch einem künf-
tigen Staat subintellegieren mag, ist dabei insofern Genüge ge-
schehen, als erkennbar war, daß aller Inhalt des Gesetzblattes
fortgelten solle. Noch ungezwungener ergibt sich, wie wohl nicht
erst ausgeführt zu werden braucht, die Fortdauer des älteren
Rechtes bei Nichtannahme des — dem Absolutismus jedenfalls
nicht kongenialen — Publizitätsprinzipes.
Damit ist aber jedenfalls das materiell und formell fremde
Recht zum formell eigenen gemacht und dem neuen Staate, der
durch die von uns versuchte Gewinnung der formellen Rechtsein-
heit am materiellem Rechtsstoff beinahe bettelarm geworden wäre,
der ungestörte Weiterbesitz des alten Rechtsstoffes bis zu der von
eı Kais. Patent vom 4. März 1849 über die Einführung des Reichsge-
setzblattes.