Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 37. Band. (37)

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Aber diese Verbindungslinie, die wir in die Vergangenheit 
zurück verfolgt haben, reicht auch in die Zukunft und zwar in 
unbestimmte Fernen. Aber während die in der Verfassung nieder- 
gelegte Ermächtigung nur erlauben würde, Neues dem gegebe- 
nen Rechtsstoff anzureihen und mit ihm zu einer inhaltsreicheren 
Rechtseinheit zu verschmelzen, ist es wieder der in der Verfas- 
sung ruhende Rechtssatz von der lex posterior, welcher Erschei- 
nungen, die zwar im Verhältnis zum Vorhandenen nicht bloß 
Neues, sondern Anderes darstellen, mit dem Ausgangspunkt ver- 
bindet und durch Verdrängung des Gegebenen dem Neuen in dem 
einheitlichen Rechtssysteme Platz schafft. 
Aber nicht bloß — um in einem Bild zu sprechen — in 
dieser Längendimension : Vergangenheit — Gegenwart — Zukunft 
stellt sich die durch eine ununterbrochene Verbindungslinie sym- 
bolisierte Rechtseinheit heraus. Bei den österreichischen Verfas- 
sungsverhältnissen gilt es auch — sehr bildlich ausgedrückt — 
für eine Art Tiefendimension eine Verbindungslinie zu gewinnen. 
Hat sieh doch der einheitliche Staat in einem gewissen Sinne ge- 
spalten, und wird denn nicht sogar behauptet, er habe einer 
Staatenmehrheit Platz gemacht, so daß wir so viel Staaten als 
Kronländer und überdies noch den über- oder auch nur beigeord- 
neten Einheitsstaat, die Gesamtheit der „im Reichsrate vertretenen 
Königreiche und Länder“ vor uns haben würden? Doch in dieser 
Richtung ist, wie uns scheint, die Staatseinheit bei aller materiell- 
politischen Buntheit beiweitem nicht so problematisch wie im 
früher untersuchten Falle, und findet sich mit der formell ein- 
heitlichen Verfassung unschwer das Prinzip, welches auch zwei 
scheinbar höchste Organe wie die beiderseitigen Gesetzgebungen, 
die insolange, als man sie sich souverän denkt, die Rechts- und 
Staatseinheit zu sprengen scheinen, miteinander verträglich macht, 
indem es sie sich gleicherweise unterwirft ®. 
es Diese Reich und Kronländer verknüpfende Konstruktion einer Rechts- 
einheit habe ich in einem Artikel in den „Juristischen Blättern“, Kaiser-
	        
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