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besonderes Gesetz begründetes Recht des Staates zur Entziehung
der Auszeiehnung zulassen, so wäre der Schaden, der dadurch
dem Staate entstehen könnte, für größer zu erachten, als der
Wert des gesamten Ordens- und Titelwesens. Wenn JELLINEK
sich eine schwere Schädigung des Gemeinwohls infolge Belassung
von Titeln an ungeeignete Personen nicht vorstellen kann'?, so
brauche ich nur auf das eine hinzuweisen, mit welch großer Auf-
merksamkeit die Verleihung wie auch der Besitz von Orden und
Titeln von der Oeffentlichkeit heute verfolgt wird, wie die Partei der
Unzufriedenen schon daraus, wenn eine weniger geeignete, erst
recht aber daraus, wenn eine unwürdige Person einen Orden oder
Titel besitzt, Kapital zu schlagen sucht und wie ihre Anhänger-
schaft durch solche Mißstände nur zu leicht zum großen
Schaden des Staates vermehrt wird. Mit Recht meint auch das
OLG. Dresden, es würde dem gesunden Rechtsempfinden zu-
widerlaufen, ja es unter Umständen geradezu verhöhnen, wenn
der Titulierte seine Ehrenverpflichtung gröblich verletzen, sich
geschäftlicher Kniffe und Ränke oder sogar der Förderung von
Bestrebungen, die sich auf Umsturz oder Verunglimpfung des
Landesherrn richten, schuldig machen könnte, ohne daß es eine
Handhabe gäbe, ihm die öffentliche Auszeichnung wieder zu neh-
men. Diese Handhabe besteht aber eben, und zwar wie von mir
früher eingehend dargelegt, in der jeder staatlichen Eihrenaus-
zeichnung innewohnenden Voraussetzung (oder stillschweigenden
Bedingung) der Ehrenhaftigkeit des Beliehenen und der Wahrung
1° System der subj. öffentlichen Rechte 2. Aufl, 1905, 337 Anm. 1. A.
M. AreuL a. a. O. 35 N. 46. Selbst v. MARTITZ scheint die Möglichkeit
einer Schädigung des Gemeinwohls nicht zu verkennen, wenn er (a. a. O.
204) sagt, es könne zum Öffentlichen Aergernis gereichen, zumal gegenüber
dem mit der gleichen Auszeichnung Bedachten, daß es dem von der öffent-
lichen Meinung degradierten Titelinhaber von Staats wegen gestattet werde,
sich nach wie vor eines quasi amtlichen Charakters zu bedienen.
1# Vgl. Urteil vom 10. Oktober 1907 in den Annalen des Kgl. Sächs.
OLG. XXIX, 1908, 1.