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die dies ausschlösse, ist nicht vorhanden, und in der Praxis ist,
wie WEST in den Blättern f. Rechtspflege in Thüringen LI, 2
ausführt, das Entziehungsrecht von den preußischen Königen da-
mals tatsächlich gehandhabt worden.
Bedenken könnten gegen die Annahme des königlichen Ent-
ziehungsrechtes in dem von mir dargelegten Umfange höchstens
aufsteigen im Hinblick auf die Vorschriften über die Privilegien.
Wäbrend KOHLER a. a. O. in seiner gegen das staatliche Ent-
ziehungsrecht gerichteten Beweisführung die Lehre von den Pri-
vilegien mehr vergleichsweise heranzieht, um den übrigens gar
nicht bestrittenen rechtlichen Schutz erworbener Rechte und
damit des Rechtes auf den Ehrentittel nachzuweisen, will aller-
dings HUBRICH°® die durch Verleihung von Orden und Ehrentiteln
begründeten Rechte dem Privilegienrecht des ALR. Einleitung
88 623 —72 schlechthin unterwerfen. Er folgt darin DERNBUR@??
und einzelnen andern Rechtslehrern und kommt zu dem Ergebnisse,
auf Grund jener landrechtlichen Bestimmungen könne auch heute
noch der Zivilrichter (!) einen Ehrentitelaberkennen, wenn der dadurch
Ausgezeichnete sich groben Mißbrauchs seines Privilegiums zum
Schaden des Staates oder seiner Mitbürger schuldig gemacht habe,
und es sei danach auch möglich die Entziehung eines Ehrentitels
durch Zurücknahmeerklärung des Königs aus überwiegenden Grün-
den des gemeinen Wohls gegen hinlängliche Entschädigung, wo-
gegen die Entziehung unzulässig sei, wenn der Ausgezeichnete
sich nach dem einseitigen Befinden des Landesherrn einer den Be-
griffen der Ehre zuwiderlaufenden Handlung schuldig mache. Wie
unbefriedigend dies Ergebnis ist, sieht HUBRICH selber ein; denn
er schlägt vor, daß der König durch Ausführungsrechtsverordnung
gemäß Art. 45 S. 3 VU., ALR. Einl. $ 68 £. ausspreche, daß
26 In seinem Aufsatze über die Entzielung verliehener Ehrentitel in
Preußen im Archiv f. öffentl. Recht 1907, 327 £.
27 DERNBURG, Pandekten 7. A. I (1902) 194, Das bürgerliche Recht
3. A. I (1906) 76.