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sich jedoch, daß Verfügungen des Reiches über das Reichsgebiet
außer beim Reichsland Elsaß-Lothringen immer mit einer Rück-
wirkung auf ein Landesgebiet verknüpft sind, daß ebenso Ver-
fügungen eines Gliedstaates über sein Landesgebiet jedenfalls
dann, wenn die Auslandgrenze berührt wird!, zugleich das Reichs-
gebiet treffen. Im ersteren Falle erwächst daraus die Frage, ob
dem Gliedstaate als an der Reichsstaatsgewalt beanteiligtem Sub-
jekte ein Recht auf Mitwirkung bzw. auf Widerspruch gegenüber
den sein Gebiet mittelbar oder unmittelbar in Mitleidenschaft zie-
henden Maßnahmen der Reichsstaatsgewalt zusteht oder ob er die
Rückwirkung oder Einwirkung auf sein Gebiet als der Reichs-
staatsgewalt unterworfenes Objekt ohne weiteres hinnehmen muß.
Im zweiten Falle bedarf es der Prüfung, ob der Gliedstaat eine
solche Grenzveränderung, d. h. Gebietsverfügung selbständig oder
nur mit Zustimmung bzw. Mitwirkung des Reiches vornehmen
darf, ob etwa die Verfügung des Gliedstaates über sein Gebiet die
Veränderung des Reichsgebietes ipso iure nach sich zieht ?*. Diese
beiden Fragen lassen sich nur im Rahmen einer Gesamtbetrach-
tung der Materie erschöpfend beantworten. Eine solche unter
1 Die Frage, ob durch eine Veränderung der gliedstaatlichen Landes-
grenzen innerhalb des Reiches das Reichsgebiet betroffen wird, wird von der
horrsohenden Lehre mit Bocht verneint. Vgl. statt vieler LABAND, Das Staats-
recht des Deutschen Reiches 5 I. 1911, 202 ££. G. MeEYER-AnscHürz, Lehr-
buch des Deutschen Staatsrechts, $ 164 1%. Abweichend Zorn, Das Staats-
recht des Deutschen Reiches ? I. 1895, 93, 102; Bansı in HırrTus Annalen
des Deutschen Reichs 1898, 685. Näheres hierüber unten $ 2 zu II,
% Daß der letztere Gedanke nicht von vornherein von der Hand zu weisen
ist, zeigt folgendes Beispiel aus dem innerstaatlichen Rechte Preußens. Nach
der Kreisordnung (für die östlichen Provinzen v. 13. Dez. 1872 in der Fassung
v. 19. März 1881, $ 3) erfolgt die Veränderung bestehender Kreisgrenzen durch
Gesetz. Werden aber solehe Gemeinde- oder Gutsbezirksgrenzen, die zugleich
Kreisgrenzey sind, verändert, so zieht diese Veränderung diejenige der betref-
fenden Kreisgrenze ohne weiteres nach sich. Eine entsprechende Bestimmung
findet sich in der Provinzialordnung (für die östl. Prov. v. 29. Juni 1875 in der
Fassung v. 22. März 1881, $ 4). Vgl. Preuss, Gemeinde, Staat, Reich als
Gebietskörperschaften, 1889, 407.