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besonderer Berücksichtigung der aufgeworfenen Spezialfragen zu
bieten, sei die Aufgabe der folgenden Darstellung.
S 1. Begriffliche Grundlegung.
Um feststellen zu können, was staatsrechtlich unter „Ver-
fügungen* über deutsches Staatsgebiet zu verstehen ist, müssen
wir zu dem Problem der Rechtsnatur des Staatsgebietes Stellung
nehmen, die Besonderheiten des Staatsgebietsbegriffs im Bundes-
staate würdigen und den Begriff der „Gebietsverfügung“ klar-
stellen.
I
Die Frage nach der rechtlichen Natur des Staats-
gebietes gehört dem allgemeinen Staatsrechte an. Die Mei-
nungen darüber sind seit der GERBER®-FRICKER“schen Antithese
recht geteilt?. Die Streitfrage kann hier nicht erschöpfend be-
handelt werden. Es genügt, zu ihr kurz, aber bestimmt Stellung
zu nehmen.
1. Was zunächst die äußere Erscheinung des Staats-
gebietes angeht, so stellt man sich unter ihm bisweilen eine Fläche
vor, nämlich einen abgegrenzten Teil der Erdoberfläche. So de-
finiert, um nur ein Beispiel von vielen anzuführen, WALZ® das
badische Staatsgebiet als „denjenigen Teil der Erdoberfläche, in
dem die badische Staatsgewalt ausschließlich zuständig ist“. Diese
Vorstellung ist unrichtig. Staatsgebiet ist nicht eine Fläche, son-
dern ein Körper, ein bestimmt begrenztes Stück des Erdkörpers.
„Das Staatsgebiet ist der nach außen gegen andere Staatsgebiete
3 Grundzüge des deutschen Staatsrechts ® 1880, 65 ff.
4 Vom Staatsgebiet, 1867. Gebiet und Gebietshoheit, 1901.
5 Uebersicht z. B. bei van CATLKER in KritVJSch. XLVI. 603 ff., RAp-
NITZKY, Die rechtliche Natur des Staatsgebietes, ArchöffR. XX. 1906, 313 ff.
Pıur. MAYER, Die rechtliche Bedeutung des Staatsgobiets für den Staats-
begriff, Dissertation Greifswald 1915.
° Das Staatsresht des Großhzgt. Baden, 1909, 12.