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von JELLINEK!? bildet das Staatsgebiet einerseits ein Moment des
Staatsbegriffes14, anderseits die räumliche Grundlage für die Herr-
schaftsentfaltung der Staatsgewalt ®.
a) Einerseits ist das Gebiet ein Element des Staates,
ein wesentliches Merkmal des Staatsbegriffes. Ein Staat ohne Ge-
biet ist ein unvollziehbarer Gedanke!”. „Es gibt Könige ohne
Land, aber keine Staaten ohne Land“!”, Jeder Staat bedarf einer
territorialen Grundlage sowohl für seine im ganzen!® seßhafte Be-
völkerung als auch für die ausschließliche Entfaltung seiner ge-
samten staatlichen Tätigkeit. Die Möglichkeit räumlicher Betäti-
gung ist Grundlage und Voraussetzung für die Entwicklung des
entstehenden Staates wie für die herrschaftliche und soziale Wirk-
samkeit!9 des fertigen Staates?®, Diese beiden Elemente — Staats-
volk und Staatsgewalt — sind ohne das dritte — das Gebiet —
nicht denkbar, sie bilden nur mit ihm zusammen, erst mit ihm
den Staatsbegriff. Nur als Moment des Staatsbegriffes, nicht für
sich allein, hat das Staatsgebiet rechtliches Dasein und juristische
Bedeutung.
b) Aber das Gebiet bedeutet staatsrechtlich noch ein weiteres.
Es steht andrerseits — innerhalb des Staatsbegriffes — in einem
besonderen Verhältnis zur Staatsgewalt. Will man
die spezielle Beziehung zwischen Staatsgebiet und Staatsgewalt
näher ergründen, so kann man es nur mit Begriffen des öffent-
lichen, nicht des privaten Rechts. Eine privatrechtliche Betrach-
tung wird schon durch den herrschaftlichen Charakter der Staats-
13 Allgemeine Staatslehre ® 1914, 395 ff.
14 FRICKER, Vom Staatsgebiet, 16 ff. JELLINEK 395.
18 JELLINEK 398.
16 MEYER-AnscHüÜrz ?I. 1914, 125,
17 RADNITZKY im ArchöffR. XXII. 419.
18 AnscHüTz, Deutsches Staatsrecht, in v. HOLTZENDORFF-KOHLERS
Enzyklopädie der Rechtswissenschaft ? IV. 1914, 6.
19 JELLINEK 622—624.
20 JELLINEK 395 f.