Daß dabei über ein Recht verfügt wird, erscheint dagegen
von vornherein sehr zweifelhaft. Das Gebiet selbst — mag man
es mit der Objekttheorie als Gegenstand, mag man es mit der
Raumtheorie als Bereich der Staatsgewalt ansehen — ist jeden-
falls kein Recht. Ein Recht könnte höchstens die Beziehung der
Staatsgewalt zum Gebiet, die sog. Gebietshoheit sein. Definiert
man die Gebietshoheit als eine besondere Funktion der Staatsge-
walt, so könnte vielleicht von einem speziellen Recht der Staats-
gewalt gesprochen werden. Diese Definition ist aber unrichtig.
Selbst Verfechter der Objekttheorie sowie diejenigen Autoren,
welche beide Theorien miteinander glauben vereinigen zu können ®,
erkennen an, daß die Gebietshoheit keine spezielle Funktion der
Staatsgewalt, sondern die Staatsgewalt selbst mit Richtung auf
das Gebiet ist. Ist die Staatsgewalt ein Recht des Staates? Nie-
mals. Jedes subjektive Recht beruht auf der objektiven Rechts-
ordnung®. Die Setzung objektiven Rechtes ist eine Wil-
lensäußerung der Staatsgewalt. Ohne Staatsgewalt ist objektives
Recht nicht denkbar. Die Staatsgewalt als das logisch primäre
kann weder auf objektivem Recht beruhen noch — füglich —
selbst ein subjektives Recht sein. Staatsgewalt ist kein Recht,
sondern originäre staatliche Willensmacht, ursprüngliche Herrscher-
gewalt. Und wenn man dennoch in mehr als kühner, natürlich
abzulehnender Konstruktion den Begriff des subjektiven Rechtes
zurückbeziehend auf die Staatsgewalt selbst anwenden wollte,
wäre die Verfügung der „Staatsgewalt“ über die „Staatsgewalt“
(Gebietshoheit) als völlig unvollziehbare Vorstellung abzulehnen.
Es liegt aber gar keine Verfügung über ein „Recht“ vor.
Unrichtig ist auch, daß bei Verfügungen über Gebiet ein
Recht „übertragen“ werde. Die Raumtheorie schließt den
Gedanken einer „Rechtsnachfolge“ zwischen den Staaten in jeder
Beziehung aus. Wenn Gebiet von einem Staat an einen andern
ss Vgl. oben I. 2b.
6 GIESE, Die Grundrechte, 195, 62f.