- 207 —
verfügung des Staates in die Erscheinung treten. Denn der Ver-
fügungsakt des Reiches und derjenige des Gliedstaates laufen,
wenngleich innerlich von einander abhängig und in ihrem Bestande
gegenseitig bedingt, äußerlich selbständig neben einander her,
bringen jeder eine Grenzänderung bzw. Gebietsverkleinerung des
bezüglichen Staates zum Ausdruck. Diese Forderung ist umge-
kehrt aber auch an den Verfügungsakt des Reiches zu stellen.
Daß dieses sich darauf beschränkt, dem Landesgesetz seine „Zu-
stimmung“ zu erteilen, es für das Reich „als rechtsgültig anzu-
erkennen“, ist praktisch wohl üblich, aber theoretisch gar nicht
einwandfrei",
II.
Unmittelbare Verfügungen des Reiches über
Landesgebiet, die nicht zugleich das Reichsgebiet treffen,
sind nur innerhalb des Reiches, und zwar in der Weise denkbar,
daß die Reichsstaatsgewalt die Binnengrenzen der Gliedstaaten
verschiebt. Ein solches Vorgehen ist jedoch rechtlich aus den
zu I dargelegten Gründen!“ gänzlich ausgeschlossen, da es nicht
zur Kompetenz des Reiches gehört noch gezogen werden kann,
über den räumlichen Wirksamkeitsbereich der Einzelstaaten Ver-
fügungen zu treffen. „Das Reich ist nicht befugt, die Grenzen
der einzelnen deutschen Staaten ohne ihre Zustimmung zu
verändern; es darf nicht aus Zweckmäßigkeitsgründen oder aus
anderen Motiven die Gebiete der einzelnen Staaten abrunden oder
zusammenlegen oder gar der Größe nach ausgleichen. Die Inte-
grität der Mitglieder des Reiches steht nicht zur Verfügung der
Reichsgewalt; die Mitglieder haben vielmehr ein verfassungsmä-
Giges Recht, daß das Reich ihre Integrität schütze“'®. Ja, noch
mehr: Auch nicht mit Zustimmung der Gliedstaaten wäre
160 LABAND I. 200 und Note 2.
101 Vgl. oben.
162 LABAND I. 202. Vgl. auch OTro MAYyER 23.