— 2485 —
Staaten in Frage kommen. Ob wir aber die Küste brauchen oder nicht
und ob wir sie behaupten können, wenn wir sie brauchen, ist eine vor-
wiegend strategische Frage.
Möchte die von deutschem Geist strotzende Schrift vV. GIERKES ver-
ständige und kritische Leser finden! Sie scheint mir in ihrem auf die aus-
wärtige Politik bezüglichen Teil geeignet, solche Pazifisten, die es aus Ge-
schäftsgeist, unheilbarer vaterländischer Verdrossenheit oder aus Mangel an
Liebe zu deutschem Wesen sind, zur Einkehr ihr vaterländisches Gewissen
anzuregen. In ihrem auf die innerpolitischen Reformen bezüglichen Teil
wird sie wohlbegründeten Besserungsbestrebungen nicht gerecht und es
fehlt ihr an wünschenswerten Richtlinien, deren unser Innenbau wahrlich
bedarf, wenn wir uns nicht zu einer unfruchtbaren politischen Zukunft selbst.
verurteilen und die offenbaren Baufehler in unserer Öffentlichen Ordnung
nach dem Kriege etwa unter dem Titel historischer Weihe weiterschleppen
wollen. Aber es ist auch darin v. G. zuzustimmen, daß es zu diesen Re-
formen noch zu früh ist. Der rechte Zeitpunkt dafür wird die Periode
sein, in der wir unsere innere bürokratische Kriegsdiktatur abbauen und
den Kriegsschutt von unseren Schwellen kehren.
Bis dahin mag es noch gute Weile haben und solange stehen die
„Friedensziele* voran. Aber weiter voran noch und uns am allernächsten
stehen einstweilen die Aufgaben, die uns der Krieg selbst stellt. Das oft
verdrehte Wort „si vis pacem, para bellum“ bedeutet jetzt für uns: „Wenn
du einen guten Frieden willst, führe den Krieg gut zu Ende.“
Piloty.
Dr. Robert Haab jun., Das Objekt der Expropriation. Heft 73
der Abhandlungen zum schweizerischen Recht, hsg. v. Max GMmÜR.
Bern 1916, Stämpfli & Cie. VI u. 170 8.
Die Begriffsbestimmung, mit welcher diese Schrift beginnt, scheint mir
weit weniger gelungen zu sein als alles übrige, das sie bietet. „Die Ex-
propriation, heißt es S. 1, ist das Rechtsinstitut, kraft dessen Rechtssub-
jekte verpflichtet werden können, in einem besonderen Verfahren gegen
volle Entschädigung zugunsten eines im öffentlichen Interesse liegenden
Unternehmens dauernd oder bloß zeitweise auf die Betätigung gewisser
Sonderinteressen zu verzichten.“ Eine Verpflichtung wird dem Enteigneten
nicht auferlegt, auf seinen Verzicht kommt es gar nicht an, und was ihm
entzogen wird, ist etwas viel bestimmteres als die „Betätigung gewisser
Sonderinteressen“. Aber wer sich dadurch nicht abschrecken läßt, findet
im weiteren sehr gediegene scharfsinnige Untersuchungen von wissenschaft-
lichem Wert. Ich habe manchmal bedauert, daß ich sie in der Neuauflage
des Bd. 2 des Deutschen Verwaltungsrechts nicht mehr habe berücksich-
tigen können, weil der Druck, bei aller kriegsmäßigen Langsamkeit doch
schon zu weit vorgeschritten war.