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Monographien dieser Art haben immer die Neigung, das Anwendungs-
gebiet des Rechtsbegriffes, mit dem sie sich beschäftigen wollen, möglichst
weit auszudehnen. Den deutschen Enteignungsgesetzen wird es entsprechen,
als Gegenstand der Enteignung stets ein Grundstück anzusehen, das
durch Begründung oder Beseitigung von Rechten daran einem öffentlichen
Unternehmen zur Verfügung gestellt werden soll. Das schließt nicht aus,
daß die Formen des einmal so geschaffenen Rechtsinstituts nach dem
Willen des Gesetzes auch für andere Zwecke und auch für andere
Gegenstände, namentlich für in Anspruch zu nehmende Fahrnisgegen-
stände, verwendbar gemacht werden können. Der Verf. führt aber hier
von vornherein „eine Fülle vonGütern körperlicherundun-
körperlicher Natur“ vor, die so zum Gegenstand der Enteignung
werden können und zwar „im wesentlichen“ überall gleichmäßig, weil „der
Begriff der Expropriation in allen modernen Staaten der nämliche ist“
(S. 41). So soll einem Elektrizitätswerke „auf dem Enteignungswege“ eine
Grundlast auferlegt werden können, welche es verpflichtet, die erforderliche
Energie für Eisenbahnzwecke zu liefern (S. 79f.). Ebenso einem paten-
tierten Erfinder „expropriationsweise* die Einräumung einer Lizenz zugun-
sten des Staates (S. 80 f.). Unter den Begriff der Enteignung soll es fallen,
wenn eine Bahnverwaltung im öffentlichen Interesse verpflichtet wird, einer
anderen den Anschluß an ihre Strecke zu gewähren (S. 81). Die militärishe
Requisition von Wagen, Pferden usw. rechnet der Verf. dann allerdings
nicht unter die Expropriation, weil es sich dabei handle „um Eingriffe
genereller Natur“ und weil das Verfahren „nicht die Abtretungspflicht zum
Gegenstand hat“ (S. 84) — aber gerade hier wird wirklich eine Abtretungs-
pflicht begründet und deshalb ist es ein anderes Rechtsinstitut als die
Enteignung!
Eigenartig ist namentlich auch die grundlegende Einteilung der Ob-
jekte der Expropriation in unmittelbare und mittelbare (S. 52).
Die unmittelbaren Objekte sind „die zu enteignenden Rechte bzw. Einzel-
befugnisse*, die mittelbaren dagegen „die Gegenstände dieser Rechte bzw.
Befugnisse‘, also die Objekte der Objekte! Die eingeschobenen unmittel-
baren Objekte liefern eben dann mit ihren verschiedenen Abteilungen und
Unterabteilungen großen und mannigfaltigen Stoff. Das ist alles mit Kraft
und Umsicht durchgeführt. Aber man versteht auch, daß es der einleiten-
den Begriffsbestimmung nicht leicht war, dafür eine feste, klare Zusam-
menfassung zu finden. O0. M.
V. Keller, Oesterreichisches und Ungarisches Stauts-
recht. Eine Einführung. Guttentag, Berlin 1917. 303 8.
Dieses Buch, so sagt der Verfasser im Vorwort, ist aus einem prakti-
schen Bedürfnis entstanden. Die dauernde Berührung der deutschen Heere
mit den Behörden und der Bevölkerung von Oesterreich-Ungarn während