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aus abhängigen Ländern zu wahren Staaten entwickelten. Es ist also eine
Zwischenstellung, namentlich eine Uebergangsstellung sehr wohl denkbar
von einem staatstheoretischen Gebilde zum andern. Aber wir glauben nicht,
daß der Fall Oesterreich-Ungarn hierher gehört.
Wie wir nämlich früher ausgeführt haben!, ist dem Gesamtgebilde
Oesterreich-Ungarn schlechthin jede staatliche Natur abzusprechen. Denn
es fehlt diesem Gesamtgebilde das Grundelement staatlicher Existenz, sogar
jeder Ansatz zu einem solchen: die ursprüngliche Herrschergewalt. Die ge-
meinsamen Organe der Donaumonarchie sind auf Grund eines Vertrages
von den beiden Staaten ins Leben gerufen und mit Herrschaft ausgestattet.
Sie haben eine abgeleitete Macht. Sie sind Werkzeuge, durch welche
die Staaten einen Teil ihrer Herrschaft gemeinsam betätigen und legen ihn
deshalb in eine gleiche Hand: aber die Herrschaft bleibt ihre eigene; es
wird nur die Form ihrer Ausübung organisiert. Die Herrschaft gehört deın
Monarchen und den Parlamenten. Sie ist von ihnen verliehen und kann
von ihnen zurückgenommen werden (eine politisch unmögliche Tat im Ver-
hältnis Englands zu seinen Kolonien). Der gemeinsame Monarch, die gemein-
samen Minister und die Delegationen sind Organe, die von den in sich
fertigen, in sich selbst organisierten Staaten geschaffen sind. Sie sind nicht
Träger, sie sind Schöpfungen der ursprünglichen Gewalt. Sie sind nicht
Grundelemente, sie sind Produkte staatlichen Lebens. Sie sind mittel-
bare Organe,
Das engere, aus Königreichen und Ländern zusammengesetzte Oester-
reich wird als Einheitsstaat gewertet, nicht wie eine Theorie es will, als
Bundesstaat. Die Königreiche und Länder sind aber mehr als Provinzen,
so hebt der Verfasser hervor, ohne indes zu einem präzisen, ihrer weit be-
messenen Freiheit entsprechenden Begriff zu gelangen. Was Bosnien und
Herzegowina angeht, so vermeidet der Autor gleichfalls eine scharfe For-
mulierung. Es ist nicht recht einleuchtend, warum er den Begriff der Reichs-
lande ablehnt. Denn wenn auch eingeräumt werden muß, daß die Struktur
von Bosnien-Herzegowina in vielen Zügen von derjenigen Elsaß-Lothringens
abweicht, so bezeichnet doch der Begriff der Reichslande deutlich, daß es
sich um abhängige Lande eines herrschenden, wenn auch doppelten Staats-
wesens handelt. Was endlich das Verhältnis zu Kroatien-Slavonien betrifft,
so nimmt der Verfasser, wie bei dem Verhältnis von Ungarn zu Oesterreich,
eine staatsrechtliche Sonderbildung an.
Es ist ganz natürlich, daß der Verfasser in dem Rahmen seiner Arbeit
diese Fragen nicht vertiefen konnte. Der Zweck der Arbeit ist Einführung
in die Verfassung der Doppelmonarchie, nicht Lösung der schwierigen
Probleme, die sie enthält. Den Leser in leicht verständlicher Darstellung
—
ı Abhängige Länder. 1914. Teil II. Kap. IV über Bosnien-Herzegowina.
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