—_— 356 —
Verhältnisse seien hier nicht berührt. Im Rahmen dieses Vor-
trages interessieren uns lediglich die wirtschaftlichen Maßnahmen
der Bundesgewalt.
In der Schweiz hat die Bundesversammlung durch Beschluß
vom 3. August 1914 A. 3 dem Bundesrate die unbegrenzte Macht
eingeräumt, alle Maßnahmen zu treffen, welche die Sicherheit, die
Unversehrtheit, die Neutralität des Landes, den Schutz des Kredits
und der wirtschaftlichen Interessen und im speziellen der Nah-
rungsmittelversorgung betreffen. Sie haben vielleicht die Plakate
an den Kaufhäusern gesehen, in welchen es heißt, daß diese und
jene Ware durch Verordnung des Bundesrats beschlagnahmt ist.
Derartige Bekanntmachungen erwecken in jedem Laien den An-
schein, daß sich hier die bundesstaatliche Gewalt ohne Mitwirkung
der einzelstaatlichen Autorität direkt gegenüber den Staatsbürgern
äußert. Und doch ist dem nicht so, denn die Verordnungen des
schweizerischen Bundesrats richten sich zuerst an die kantonale
Gewalt {Polizei-Gerichts-Vollstreckungsgewalt) und durch deren
Mittel an die Bürger der Einzelstaaten.
Allgemeines juristisches Interesse verdienen auch die anläßlich
der Beratung des neuen schweizerischen Wassergesetzes (Entwurf
vom 19. April 1912) über das Verhältnis von Bundesgewalt und
Kantonalgewalt gepflogenen Verhandlungen. Während in Deutsch-
land die Hauptmaterien des Wasserrechts noch von den einzel-
staatlichen Gesetzgebungen geregelt sind !?, soll in der Schweiz
gemäß A. 24" bis der Bundesverfassung ein Bundesgesetz be-
treffend die einheitliche Nutzbarmachung der Wasserkräfte er-
gewalt gegenüber den Bürgern der Gliedstaaten wird allgemein anerkannt,
vgl. die Literatur bei LAsann IS. 78.
13 Dazu mein Wasserkraftrecht in der Rheinischen Zeitschrift Bd. 3
(1911) S. 71—107.
14 Der Artikel ist durch die Volksabstimmung vom 25. Oktober 1908
neu aufgenommen, siehe A. AFFOLTER, Bundesverfassung der schweizer.
Eidgenossenschaft (1913) S. 10.