Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 37. Band. (37)

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Standpunktes — anerkannt. Durch diese ist das im Zwielicht verblie- 
bene, halbschlächtige Wesen der kriegswirtschaftlichen Regierungsver- 
ordnungen auf ermächtigter Grundlage in der Hauptsache dem Notver- 
ordnungsrechte angeglichen, und soweit es die Kriegszeit erlaubt, in die 
Verfassung eingepaßt. 
Psychologisch hat die während der Kriegszeit eingebürgerte — wie 
man in solchen Fällen sagt — „mehr“ polizeiliche Auffassung der 
kriegswirtschaftlichen Verordnungen zur duldsamen Behandlung des 
vom Reichsrate vorgefundenen Vdg.-Rechtsstoffes sicherlich beigetragen. 
Nach 8 5, erster Abs. bleiben nicht bloß die auf Grund des ErmGes. 
ergehenden, sondern auch die im Sinne der Kais. Vdg. vom 10. X. 1914 
schon früher erlassenen Verordnungen, soweit sie nicht zeitlich begrenzt 
sind, so lange in Kraft, als sie nicht durch neue, auf Grund dieses Ge- 
setzes oder auf Grund einer anderen gesetzlichen Ermächtigung er- 
lassenen Verordnungen oder über Verlangen des Reichsrats nach 8 3 
dieses Gesetzes abgeändert oder außer Wirksamkeit gesetzt werden. 
Dieser konservative Zug des österr. Ermächtigungsgesetzes, das über 
die Vorgänge der ersten Kriegsjahre mit christlicher Nachsicht hinweg- 
gleitet, erklärt sich nicht bloß aus der Rücksicht auf die Bedürfnisse 
der Kriegszeit, sondern ebensosehr aus der begründeten Achtung vor 
dem geltenden Rechte, das diese Verordnungen -— ganz unabhängig von 
allfälligen Geburtsfehlern — geschaffen haben. Diese haben sich staats- 
rechtlich im Leben durchgesetzt, sie bleiben Recht und müssen, selbst 
wenn ihre gesetzliche Grundlage noch so morsch sein sollte — gleich 
den Kaiserlichen Verordnungen — ausdrücklich aufgehoben werden, um 
ihre Wirksamkeit zu verlieren. Was einmal im Reichsgesetzblatt steht 
und nicht zeitlich befristet ist, kann nur durch den contrarius actus 
der formellen Zurückziehung durch die Regierung ums Dasein kommen, 
weil das staatliche Leben in diesen Dingen Ordnung und Klarheit 
verlangt ”. 
  
  
182 So erklärt schon MENZEL den scheinbaren Widerspruch, daß eine 
Notverordnung, deren Gesetzeskraft erloschen ist, noch ausdrücklich auf- 
gehoben werden muß, mit der sonst fortbestehenden Gebundenheit der Ver- 
waltungsbehörden im Gegensatz zu den Gerichten (58. Jahrgang, Nr. 49 der 
Allgemeinen österr. Gerichtszeitung v. 7. XII. 1907, die Fortdauer der Not- 
verordnungen S. 359 und Festgabe für Lasanp, Zur Lehre von der Not- 
verordnung S. 395f.). Aber es handelt sich da um ein allgemeines Prinzip 
und hängt mit der formellen Publikation zusammen. 
Archiv dos öffentlichen Rechts. XXXVIL, 3. 24
	        
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