Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 37. Band. (37)

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rechtigt. Sie wäre vor allem dann nur ein Gespenst, wenn alle oder doch 
die wichtigsten der souveränen Staaten die Schiedsgerichtsbarkeit als all- 
gemeine dauernde Institution begründeten. 
Die Begrenzung ihres Umfanges kann freilich Schwierigkeiten machen. 
Dies ergaben auch bisher die internationalen Verhandlungen. Aber ein 
Prinzip ist voran zu stellen: jede kasuistische Feststellung arbitrabler 
Streitfälle trägt von Natur aus den Mangel oder doch wenigstens die Be- 
sorgnis der Lückenhaftigkeit in sich! Das verschiedentlich in Vorschlag 
gebrachte „Listen“system konnte also auch nicht viel weiterbringen. War 
freilich auch der allgemeinen Fassung bisher kein besseres Schicksal be- 
schieden, so kann doch andererseits kaum etwas anderes in Frage kommen. 
Immerhin enthielten auch die hierauf zielenden bisherigen Vorschläge die 
Einschränkung, daß die dem Schiedsgericht zu unterbreitenden Fragen 
nicht die Ehre oder das Lebensinteresse der Staaten berühren dürften. 
Eine Einschränkung von großer Tragweite, hervorgerufen durch die All- 
gewalt des starren Souveränitätsgedankens! 
Zweifellos ist sowohl der Begriff der vitalen Interessen wie auch. der 
der Ehre so allgemein, daß hierdurch selbst die allgemeine Fassung be- 
trächtlich an Wert verliert. Wie sehr die Auslegung dieser Begriffe zu 
Meinungsverschiedenheiten führen kann, beweist schon die Bemerkung 
LAamMmaschHs (S. 72), daß die Ehre eines Staates durch die Beschimpfung 
seiner Fahne seitens des Pöbels nicht verletzt, vielmehr nur die des Täters 
hierdurch betroffen würde. Rein moralisch gesprochen mag dies richtig 
sein. Aber schwerlich wird ein Staat, ohne sich dem Vorwurf der Schwäche 
auszusetzen, einen solchen Vorfall nicht als zu den seine Ehre verletzen- 
den rechnen können. In einem solch nichtigen Grunde sollte dann 
mangels Zuständigkeit des Schiedsgerichts ein Krieg seinen Anlaß finden. 
Und was gehörte schließlich nicht zu den Lebensinteressen? Wenn 
Japan in friedlichen Zeiten vom deutschen Reich unvermittelt die Heraus- 
gabe Tsingtaus verlangt und Deutschland dies abgelehnt hätte, aber viel- 
leicht — vorausgesetzt, daß dies ihm nicht als Schwäche ausgelegt worden 
wäre — ein Schiedsgericht beantragt hätte, dann hätte Japan dem ohne 
weiteres widersprechen können, weil seine Expansionsgelüste in China zu 
seinen Lebensinteressen gehörten!! 
Wenn wir auch mit LAMMASscH darin einig sind, daß an sich die Be- 
griffe Ehre und Lebensinteresse nichts anderes bedeuten sollten als die 
allerhöchsten Interessen eines Landes (S. 96), die allein die Er- 
greifung des äußersten Zwangsmittels gestatteten, so muß doch anderer- 
seits gesagt werden, daß der Wert der ganzen schiedsgerichtlichen Insti- 
tution erst dann als vollgültiger anzusprechen ist, wenn die Staaten sich 
daran gewöhnt haben, auch in solchen Fällen, d. h. denen allerhöchsten 
Interesses, einem unbefangenen Schiedsgericht zu vertrauen. 
Viel weniger Kopfzerbrechen bätte man sich darüber machen sollen,
	        
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