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Ordnungen des Handelns bestanden hat. Man kann also der ersten christ-
lichen Zeit wohl die Existenz eines formulierten Kirchenrechts absprechen,
nicht aber wie SOHM es tut, jegliche kirchliche Rechtsordnung. NIEDNER
nimmt denn auch die Existenz einer kirchlichen Rechtsordnung als selbst-
verständlich an. Er untersucht nur die Frage, welche Art von Zwang zum
Kirchenrechte erforderlich ist. Dieser besteht bei der Kirche nicht als
Gewissenszwang (S. 313), sondern als abwehrender Zwang. In diesem Sinne
ist aber ein Zwang notwendig, denn „es kann ganz ohne Zwang zur Er-
haltung gleichmäßiger Wortverkündung keine Kirchengemeinschaft aufrecht
erhalten werden“.
Aus diesen aktuellen Fragen ersieht man die Bedeutung des Problems
der Rechtsbildung für das praktische Leben nicht nur in den staatlichen,
sondern auch in den außerstaatlichen oder überstaatlichen Gemeinschaften.
Lausanne-Chailly. K. Haff.
Kluckhohn, Dr. Wilhelm, Gerichtsassessor, Die Verfügungen zugun-
sten Dritter. München 1914. C. H. Becksche Buchhandlung.
215 Seiten. M. 8.50.
Die vorliegende Arbeit bildet das 1. Heft des XXVII. Bandes der von
Professor Dr. OTTo FiscHER in Breslau herausgegebenen „Abhandlungen
zum Privatrecht und Zivilprozeß des Deutschen Reiches“.
Der Schrift sind als Motto die Worte GOETHES vorausgeschickt: „Es ist
mit den Meinungen, die man wagt, wie mit den Steinen, die man voran
im Brette bewegt; rie können geschlagen werden, aber sie haben ein Spie)
eingeleitet, das gewonnen wird.*®
Das Werk zerfällt in zwei Hauptabschnitte: Allgemeiner Teil (Die Ver-
fügungen zugunsten Dritter im bisherigen Recht und die Verfügun-
gen zugunsten Dritter im heutigen Recht) und Besonderer Teil (Ein-
nelne Gattungen von Verfügungen zugunsten Dritter und Einzelne prak-
tische Fälle von Verfügungen zugunsten Dritter). In der vorausgehenden Einlei-
tung ist besprochen die Entwicklung der Lehre von den Rechtsgeschäften zu-
gunsten Dritter, dann der Begriff der rechtsgeschäftlichen Verfügung und das
Wesen der Verfügungen zugunsten Dritter. Ein Quellenregister und ein Sach-
register erhöhen die Brauchbarkeit des Buches ganz wesentlich. Die Arbeit
bat unleugbar wissenschaftliche Bedeutung; dieselbe ist ungeheuer fleißig
und gründlich geschrieben. Die vorhandene Literatur ist eingehend be-
rücksichtigt und in den Anmerkungen auch entsprechend zitiert. In Be-
tracht gezogen ist nicht nur das bürgerliche Gesetzbuch, sondern auch das
allgemeine Landrecht für die preußischen Staaten, dann das bürgerliche
Gesetzbuch für das Königreich Sachsen, der Code civil, der Codex Maximilia-
neus Bavaricus civilis, das corpus juris civilis. Das Werk ist nicht nur für den
Theoretiker, sondern auch für den in der Praxis stehenden Juristen wertvoll.
Unter eingehender Begründung gelangt Autor zu folgender Begriffsbestim-