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„von dem Sieg der pazifistischen Lehre“ sprechen, die „alle
Kriegshumanisierung als einen Versuch am untauglichen Objekt‘,
als „Ausfluß jener Kraft, die zur Abwechslung einmal das Gute
wolle und das Böse schaffe“, bezeichnen. Allein jeae Meinung
sieht nur das Positive, diese nur das Negative in der Leistung
der Konferenzen. Der Abstand zwischen beiden ist weit. Wo
aber liegt die Wahrheit? Die folgenden Zeilen sollen zur Klärung
dieser Frage beitragen.
Selbst wenn die Ansieht STRUPPs richtig wäre, daß die Kon-
ferenzen die scharfe Grenze zwischen dem, was im Krieg nicht
geschehen solle, was nicht der Sitte und dem Kulturbewußtsein
zivilisierter Staaten entspricht, und dem gezogen haben, was vom
Rechte verpönt ist, so hat doch diese Grenzlinie eben, so schön
sie war, den Stürmen dieses Krieges, wie so manche andere Grenze,
nicht standgehalten. Ein Recht von der Art, wie das Landkriegs-
recht, bedarf auch noch nach der Kodifikation der opinio neces-
sitatis. STRUPP sieht es selbst ein, daß man von dem Haager
Konferenzergebnis als einem Gesetzgebungswerk nur im über-
tragenen Sinn reden dürfe, da es weiter nichts als der Ausdruck
eines Kollektivwillens sei. Ist also nicht mehr geschehen, als
daß man den Bestand des Gewohnheitsrechts innerhalb der Völker-
rechtsgemeinschaft — und nicht einmal vollständig — festgelegt
hat, so muß man auch weiterhin verlangen, daß die Anwendung
der so aufgestellten Normen immer noch weiter "von der opinio
necessitatis getragen werde. Und da hat sich eben das Recht der
Haager Konferenzen in überaus vielen Fällen als derart schwach
erwiesen, daß in ihm die gleiche rechtsbildende Kraft, wie im
innerstaatlichen Gewohnheitsrecht, nicht zu erkennen ist.
Weiterhin hat sich die Kriegsraison als die allmächtige Zer-
störerin der kriegsrechtlichen Rechtsbildung erwiesen, der sich so
leicht nicht beikommen läßt. Gewiß ist es richtig, was der rus-
sische Bevollmächtigte v. MARTENS auf der Konferenz von 1899
sagte, daß es im Kriege nur eine raison gebe und dies sei die