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völkerrecht wenigstens in etwas über diesen Standpunkt erhoben.
Im Sinne KLAUSEWITZ’ wäre auch die Beschränkung, die das
Landkriegsrecht durch die Art. 22fi. des 2. Abkommens der
Haager Konferenzen, insbesondere hinsichtlich der Kriegsmittel,
erhalten hat, viel zu groß und dennoch sind auch diese Bestim-
mungen unter Mitwirkung der Ententeländer zweifellos gültiges
Völkerrecht geworden. Die Entente kann sich also, wenn sie das
Völkerrecht verletzt, insoweit mit Recht nicht auf die Kriegsraison
berufen.
Man hat nun gesagt, so groß auch die Kriegsvölkerrechts-
verletzungen der Entente seien, das Völkerrecht als solches sei
nicht untergegangen, wie auch das Strafrecht nicht durch noch so
große Zunahme der Verbrechen untergehe. Dieser Vergleich bat
aber das Schicksal aller Vergleiche, daß er hinkt. Die Ver-
mehrung der Straftaten hat die sofortige Reaktion der staat-
lichen Strafgewalt mit allen ihren Mitteln zur Folge oder kann
sie doch wenigstens haben, wenn die staatliche Macht stark genug
dazu ist. DieStrafvorschriften werden vermehrt und verschärft, die
Rechtspflege arbeitet schneller, die Richter verhängen innerhalb
des Strafrahmens schwerere Strafen, die Strafverfolgungsorgane
vermehren ihre Tätigkeit, der Strafvollzug wird härter, neue Ver-
brechensverhütungsmaßnahmen werden getroffen. Das Strafrecht
als staatlicher Machtfaktor wird in solchem Falle also durch die
Zunahme der Verbrechen eher gestärkt als vermindert. Die Ver-
mehrung der Kriegsvölkerrechtsverletzungen hat nur eine Vermeh-
rung der Repressalien und der Retorsionsmaßnahmen zur Folge.
Diese sind aber an sich rechtswidrige Handlungen, die durch das
vorausgegangene Unrecht des Feindes zu rechtmäßigen werden.
Die notwendige Folge der Kriegsvölkerrechtsverletzungen ist also
die beiderseitige Nichtbeachtung der gesetzlichen Normen und
geschieht das in dem Umfange, wie in diesem Kriege, so ent-
steht dann allerdings jenes Bild der Zerstörung des mühevoll er-
richteten Rechtsgebäudes, das MÜLLER-Meiningen und andere von