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das „föderative Element“ ein „unitarisches“ an seinen einschlägigen
Befugnissen beteiligte. Er hat mit Hilfe seines eigenen Notver-
ordnungsrechtes durch Verordnung (88 1—3) über Kriegsmaßnahmen
zur Sicherung der Volksernährung? dem Reichskanzler in seiner
Eigenschaft als Reichsorgan eine umfassende Verordnungsgewalt *
eingeräumt, wobei dieser im $ 3 der Verordnung expressis verbis
ermächtigt wird, unbeschadet der vom Bundesrate selbst zur Siche-
rung der Volksernährung erlassenen Verordnungen, welche an sich
unberührt bleiben, in dringenden Fällen abweichende Bestimmungen
zu treffen, die dem Bundesrate unverzüglich vorzulegen sind, also
diesem gegenüber ebenso behandelt werden wie die auf Grund des
Ermächtigungsgesetzes erlassenen Notverordnungen des Bundesrates
selbst vor dem Reichstage. Die mit interimistischer Gesetzeskraft
bekleideten Bundesratsverordnungen bilden hier schon deshalb für
diese Ermächtigung keine Ausnahme, weil diese Macht, im Dring-
lichkeitsfalle Bundesratsverordnungen zu derogieren, dem Kanzler
unterschiedslos und ohne Vorbehalt eingeräumt wird. Der Bundes-
rat ist ja dominus negotii, der über seine eigenen Verordnungen —
mindestens nach den freieren Anschauungen des heutigen Kriegs-
rechtes — verfügen kann. Eine solche Ausnahme wäre demnach
im Wortlaute der Ermächtigung nicht begründet und stünde auch
mit der bezweckten Steigerung der Schlagfertigkeit dieses Verord-
nungsrechtes im Widerspruch. Die ganze Ermächtigung würde
vielleicht sogar ins Leere zielen, da ja allfällige einfache Rechts-
verordnungen des Bundesrates als bloße Ausführungsverord-
nungen weniger interessieren. Politische Bedenken gegen unsere
Annahme dürften gleichfalls nicht bestehen, weil es sich doch
nur um knapp befristete Maßnahmen handelt, die nicht nur
3 Bekanntmachung des Reichskanzlers v. 22. V. 1916 RGBl. Nr. 401
a. 24. V. 1916.
* Daß der Reichskanzler auch befugt ist in dringenden Fällen die
Landesbehörden unmittelbar mit Anweisungen zu versehen, gehört wohl
auf ein anderes Blatt.