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Volksmenge gegen eingeübte und disziplinierte Riesenheere? Ge-
rade mit der offnen Waffenführung würde sich ja diese so heroisch
gedachte Bevölkerung der Vorteile begeben, die sie, militärisch
betrachtet, in den Stand setzten, den eingedrungenen Feind auf-
zuhalten. Die Beschränkung der Mittel vernichtet hier von vorn-
herein die Erreichbarkeit des Zweckes. Man gaukelt dem Volke
vor, es werde in solchem Falle als ordentliche Kriegspartei be-
trachtet werden, während es in Wahrheit nie der Fall sein wird,
nie sein kann, denn das Volk kann sich eben den Vorteil der
Heimlichkeit, der Tücke und Hinterlist in solchem Falle niemals
entgehen lassen.
Dieser Art. 2 der Landkriegsordnung ist eine Errungenschaft
der Mittelstaaten über die Großmächte, besonders über Deutsch-
land. So führte der belgische Bevollmächtigte in der Sitzung
vom 6. Juni 1899 u. a. aus: „Zur Aufrechterhaltung der Neutralität
scheuen wir keine Kosten, wie Antwerpen und die Maas beweisen.
Wir wollen andere vor der Versuchung bewahren, belgisches Ge-
biet als Kriegsschauplatz zu benützen. Wie nun wenn, eine Garan-
tiemacht trotzdem grundlos in das Land einfällt? In 2 Tagen
kann das kleine Land besetzt, die Armee untätig in Antwerpen
eingeschlossen sein. Wie will man angesichts einer solchen
ernsten Lage die Belgier ihrer Pflichten gegen das Land entbin-
den, indem man den Schein erweckt, als rate man ihnen ab, sich
am Widerstand zu beteiligen.“ Es macht, wenn man diese Zeilen
liest, den Eindruck, als wenn sich damals schon — 1899 — der
Kampf Belgien-Deutschland am grünen Tisch entsponnen und
zum Vorteile Belgiens gewendet hätte. Der Gedanke der Mittel-
staaten, der diese Vorschrift hat erstehen lassen, ist ganz einfach
der: Im Falle des Einbruchs des Heeres einer Großmacht, sprich
Deutschland, in das Land eines kleinen Staates, sprich Belgien,
werden wir sofort mit Franktireurkämpfen antworten. Wir wollen
sie haben und zwar mehr als wir je organisieren könnten. Ihr
wißt genau wie wir, daß wir nicht offen kämpfen und die Regeln