Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 37. Band. (37)

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dem Bundesrate selbst, ‚sondern gerade im Genehmigungsfalle 
selbstredend auch dem Reichstage vorzulegen wären, also eine 
doppelte Zensur zu durchlaufen haben. Daß es sich somit auch 
hier um ausgesprochene Notverordnungen handelt, ist, wenn man 
sich an den Kern der Sache hält und nicht‘ zu sehr an die 
Form klammert°, ebenso wenig zu bezweifeln wie die Zulässig- 
keit des ganzen Vorganges auf Grund des Notverordnungsrechtes 
im Ermächtigungsgesetze. Nur fragt es sich, wie weit dieses 
dem Reichskanzler eingeräumte Notverordnungsrecht reicht, ob 
diesen Notverordnungen die volle „formelle Gesetzeskraft“ 
LABANDs zukommt, ob sie daher auch Gesetze brechen, ab- 
ändern oder suspendieren können. Diese Frage ist sicherlich 
zu verneinen. (ewiß haben solche Kanzler-Verordnungen, wie 
sich aus 5 3 der Bundesratsverordnung nach unserer obigen Aus- 
legung ergibt, die Kraft, die formelle Gesetzeskraft der einschlägigen 
Notverordnungen des Bundesrates selbst, also provisorische Gesetze 
zu überwinden. Sie sind also selbst provisorische Gesetze. Sonst 
wären sie überhaupt keine richtigen Notverordnungen. Denn ohne 
die zumindest potentielle Fähigkeit, wenigstens irgend etwas zu 
„brechen“, keine wirkliche Notverordnung®. Diese Annahme ist 
auch völlig unbedenklich, da der Bundesrat die Sache virtuell ganz 
in der Hand behält. Aber eine Macht über bestehende formelle 
Gesetze, welche sich doch nur und zwar bestenfalls auf ausdrück- 
liche gesetzliche Bestimmungen gründen könnte, ist den Kanzler- 
verordnungen mit keinem Worte verliehen, und da dies eben gar 
—,— 
5 Wie z. B. SPIEGEL in seinem verdienstlichen Buch: die kais. Ver- 
ordnungen mit provisorischer Gesetzeskraft nach österr. Staatsrecht 1893, 
S. 14, allerdings infolge seiner Beschränkung auf das österr. positive Ver- 
fassungsrecht der Friedenszeit. 
® Ergibt sich vielleicht als Folgerung, wenigstens in nuce, &aus MENZEL, 
zur Lehre von der Notverordnung. Festgabe für LABAND, 1908, S. 380 u. 
395. Auch BORNHAK, Grundriß des deutschen Staatsrechts. Vierte Auflage, 
S. 109, insofern er für die Verbindlichkeit von einzelnen Formvorschriften 
absieht. Dieser eıste Schritt vom Wege genügt.
	        
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