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Völkerrechtsgemeinschaft denkt, durch die Einstimmigkeit der
Beschlüsse nicht gelöst. Eine solche Gemeinschaft ist, was we-
nigstens das Kriegsvölkerrecht angeht, nach den Lehren dieses
Krieges eine unmögliche Sache. Und dennoch könnte dieser Krieg
wohl einmal der Ausgangspunkt eines die Erde umspannenden
und überall Beachtung heischenden Kriegsvölkerrechtes sein, dann
nämlich, wenn die Mittelmächte einen Sieg erfechten, der nicht
nur ihre äußere Macht, sondern auch die Macht der in ihnen ver-
körperten Rechts- und Kulturidee stabilisiert. Die Welt ist
zweifellos empfänglich für Ideen. Sie weiß auch Taten aus Ideen
erstehen zu lassen. Das hat dieser Krieg gezeigt; nur schade,
daß Ideen und Taten in dem uns feindlichen Teile der bisherigen
Völkerrechtsgemeinschaft so vielfach auf verlogenem Grund ge-
wachsen sind. Aber das ändert an der Macht der Idee nichts.
Sie kann auch auf gutem Grunde wachsen. Die Mittelmächte
sollten daher eine besondere kriegsvölkerrechtliche Gemeinschaft
bilden. Dem Einwande, daß der Bund der Mittelmächte im Innen-
verhältnis notwendig auf den Gedanken des ewigen Friedens ge-
gründet sein müßte, ist damit zu begegnen, daß es sich nicht so
sehr um das Innenverhältnis, als um die werbende Kraft einer
zunächst auf wenige Teilhaber beschränkten homogenen Gemein-
schaft handelt, die nicht nur ein sorgfältig ausgebautes Recht,
sondern auch die Gewähr der Achtung vor gesetztem Recht zu
bieten imstande wäre. Durch Aufnahme zuverlässig gleichstehen-
der oder doch derart im Machtbereich der Mittelmächte stehender
Staaten, daß sie zur Annahme und Beachtung des Rechtes der
neugebildeten Völkerrechtsgemeinschaft gezwungen sind, würde
sich sodann diese erweitern. Hält man diesen Gedanken für uto-
pisch oder ist man der Meinung, daß eine besondere Kriegsvölker-
rechtsgemeinschaft neben einer kompletteren Friedensvölkerrechts-
gemeinschaft keinen Platz hat und daß beide einander hindern
würden, erwartet man überhaupt die Fortbildung des Kriegs-
völkerrechts von einer lebhafteren Entwicklung des Friedens-
Archiv des öffentlichen Rechts. XXXVII. 4. 30