Metadata: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

694 IV. 10. Der Kölnische Bischofsstreit. 
oder falsch könne von einer Staatsentscheidung nicht abhängen“. Auf 
keinen Fall wollte er sich „einen Eingriff der Staatsgewalt in das Heilig- 
tum des Glaubens oder eine Störung der ordnungsmäßigen Bewegung 
der vorgesetzten geistlichen Autorität“ erlauben.“) Sein getreuer Schmed- 
ding betrachtete den Handel sogar mit schlecht verhehlter Schadenfreude und 
riet einem hermesianischen Theologen halb spöttisch, „die Entwicklung dieser 
Tragikomödie mit Gelassenheit abzuwarten.““) Daher ließ Altenstein, ob- 
gleich das Breve in Preußen noch gar nicht veröffentlich war, die betei- 
ligten Bonner Professoren bei dem Kurator Rehfues zusammenrufen und 
ihnen das Versprechen abnehmen, daß sie über Hermes und seine Lehre 
in ihren Vorlesungen unverbrüchlich schweigen würden. 
Weiter konnte der Staat in seiner Nachgiebigkeit unmöglich gehen. 
Der Erzbischof war befugt, das gesamte innere Leben des Bonner Kon- 
vikts, das amtlich als ein Bestandteil des Kölnischen Priesterseminars ange- 
sehen wurde, zu leiten, und wenn er dies Recht ebenso kräftig handhabte 
wie sein Vorgänger, so ließ sich die hermesianische Doktrin aus dem theolo- 
gischen Unterricht kurzerhand hinausfegen. Droste aber wollte nicht bloß 
die Lehren, sondern auch die Personen der verhaßten Hermesianer beseitigen. 
„Welchen Weg ich einschlage“, so schrieb er an Rehfues, „darüber bin ich 
mit mir noch nicht eins. Das aber steht fest, daß ich das Einschleichen der 
die Staaten so sehr beunruhigenden Demagogie in die Kirche nicht dulde 
und von allen katholischen Priestern meiner Diözese, welche Stellung immer 
sie einnehmen mögen, in kirchlichen Dingen Gehorsam fordere, weil ich 
solchen fordern muß und sie solchen leisten müssen.“ Als ihn Altenstein 
wegen eines belgischen Zeitungsartikels, der nur aus der Kölnischen Kanzlei 
herrühren konnte, zur Rede stellte, da erwiderte er grob: „Kaplan Michelis 
hat Feinde, doch gewiß keine anderen als jene Hermesianer, deren Dünkel 
nicht mit seiner Bescheidenheit harmoniert.“ Es war, als ob er Händel 
suchte, und der sanftmütige Minister bemerkte zu dem Schreiben: „dieser 
Ton kann sehr weit führen, und es ist daher die Frage, was zu tun.“) 
Offenbar beabsichtigte der Erzbischof, das Bonner Konvikt, das die 
Theologen doch in einigen Verkehr mit der weltlichen Wissenschaft brachte, 
ganz zu zerstören. Früher, schrieb er dem Minister, wurde die Theologie 
hier im Kölnischen Seminar gelehrt; „da lernten die Alumnen gewiß nicht 
so viel Vernunftbeweise, aber sie lernten Dogmatik, Moral usw., lernten 
Theologie, lernten, was sie gebrauchen können, und ich danke Gott, daß ich 
noch Geistliche aus dieser Zeit in der Erzdiözese habe./F) Er wollte weder 
die Bonner Theologen persönlich vernehmen, wie Rehfues ihm vorschlug, 
  
*) Altenstein an Rehfues, 29. Juni, 27. Okt. 1836, 8. Febr. 1837. 
**) Schmedding, 8. März 1836, an einen hermesianischen Geistlichen, dessen Namen 
ich nicht kenne. 
*??*) Droste an Rehfues, 6. April 1837; an Altenstein, 16. Dez. 1836. 
7) Droste an Altenstein, 22. Dez. 1836.
	        
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