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So will denn auch der Begriff des subjektiven öffentlichen Rechts „aus der
Anschauung der Wirklichkeit gewonnen sein“ (8. 585). Daher der ständige
Wechsel von Induktion und Deduktion, daher auch bald die Ablehnung
des „juristisch Zugespitzten“ (S. 294), bald wieder eine Hinneigung zu
juristischen Reinkulturen“ (S. 574, 683), worin sich der groß e Farbenreich-
tum seiner Palette zeigt. All’ dies, weil der „Verwaltungsrechtswissen-
schaft (ohne Rücksicht auf den Lauf künftiger Entwicklung) doch nur daran
liegt, daß man, ob es stehen bleibt oder vorwärts geht, wisse, was man
mache“ (S. 483). Wie er’s meint, sagt er uns noch besser und repräsen-
tativer in seiner diesmal in höchster Steigerung seiner dialektischen Mittel
verteidigten Lehre vom Öffentlichen Sachenrecht. Hier, wo vielleicht —
wie überhaupt in der ganzen Lehre vom öffentlichen Unternehmen® —
HEGEL mitspricht, indem die „öffentliche Sache“ wesentlich „selbst un-
mittelbare Erscheinung öffentlicher Verwaltung“ ist (S. 182), findet sich
auch das denkwürdige Bekenntnis; „Wir glauben an kein Naturrecht, kein
Vernunftrecht mehr im alten Sinn. Aber wir verzichten nicht auf die
Forderung, daß das Recht vernünftig und zweckmäßig sei, den zu schützen-
den Gütern angepaßt und das damit gegebene Ziel in der einfachsten und
vollkommensten Weise erreichend. Dieser Forderung entspricht die Idee
des öffentlichen Eigentums. Die öffentliche Sache soll vor allem bei ihrem
Zweck erhalten werden .. . Das rechtliche Schicksal der öffentlichen Sache
bestimmt sich, wie die ganze öffentliche Verwaltung, planmäßig von innen
heraus, statt durch das freie Spiel der durcheinanderwirkenden privatrecht-
lichen Kräfte“ (S. 75, typisch auch 81, 85, 143. 585, 683!). „Der große Re-
gulator (bei der Abgrenzung der öffentlichen Sachen, wobei sich die ver-
schiedensten Einflüsse im obigen Sinn geltend machen) ist immer jener
Zweckmäßigkeitsgedanke: es läuft alles darauf hinaus, daß der Sache eine
Art von Unersetzlichkeit beiwohnt, vermöge deren die öffentliche Verwal-
tung empfindlich ist für ihr rechtliches Schicksal.“
Was O. M. also treibt, ist allen diesen Einblicken zufolge nichts an-
deres als eine maßvolle, zweckbeherrschte, stilisierende Veredelung und
Verallgemeinerung des gegebenen Rechtsstoffes, der das praktische Bedürf-
nis näher steht als eine elementar noch so hoch zu veranschlagende Geo-
metrie der Rechtserscheinung oder die bildähnliche Wiedergabe ihrer ein-
zelnen Ausprägungen und alles übrige, was einem rechten Juristen zum
Schulreiten angewiesen wird. Kein Wunder schließlich, daß auch viel
eingestreute Verwaltungslehre zur Erläuterung mitläuft und sich
besonders im jetzigen zweiten Band in breitem Flusse abschöpfen ließe.
Wer nun dem gegenwärtigen Betrieb unserer Verwaltungsrechts-
wissenschaft einen noch größeren Schuß von „Wissenschaftlichkeit“
wünscht, verdient alles Mitgefühl — gewiß mehr als der banausische oder
listenreiche Paragraphenreiter —. darf aber nicht den Einzigen verant-
wortlich machen für die Tücke des wissenschaftlichen Objekts, von dem