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den Kriegsernährungsamte wurde bei seiner Gründung die Wahr-
nehmung aller in Betracht kommenden Befugnisse, soweit sie nicht
ausdrücklich vorbehalten werden, also auch die weitgehende Ver-
ordnungsgewalt übertragen. Diese Verordnungsgewalt wird übrigens
im 8 2 ausdrücklich erwähnt, wo es heißt, daß die „Rechtsver-
ordnungen“ des Amtes im Reichsgesetzblatte bekanntzumachen
sind. Ist aber bei dieser weiteren Delegierung der Verordnungs-
gewalt auch an den Uebergang des dem Kanzler zukommenden
beschränkten Notverordnungsrechtes, also an ein tertiäres Notverord-
nungsrecht gedacht worden? Diese Frage ist im Grunde kaum
mehr eine staatsrechtliche. Denn das Amt handelt ja für den
Reichskanzler, ist sozusagen der Kanzler selbst, und dieser wie
gesagt oft nur die Durchlaufstelle für die mittelbare Ermächtigung
des Reichsernährungsamtes. Dieser wird genannt, das Amt wird
gemeint, sie können also vertauscht werden®. Und wenn sich die
dringende Notwendigkeit einstellen sollte, einer Bundesratsverord-
nung zu derogieren, ist es wohl mehr Sache des inneren Dienstes,
eine Takt- oder Kanapefrage, ob eine solche Verfügung formell
nicht besser vom Reichskanzler auszugehen hätte. Rein formal-
rechtlich ließe sich vielleicht der Standpunkt vertreten, daß dem
Kriegsernährungsamte nach dem Texte der Ermächtigung die
gleiche Verordnungsgewalt zukommt wie dem Kanzler persönlich,
also auch die gleiche Notverordnungsgewalt, da kein ausdrücklicher
Vorbehalt gemacht wurde. Das Vorwissen des Kanzlers wäre aber
auch dann nicht zu umgehen, da ja nur er allein solche Notverord-
nungen des Ernährungsamtes dem Bundesrat vorzulegen und vor
'hm zu vertreten hätte, genau so wie wenn sie von ihm selbst
erlassen worden wären. Und darin zeigt es sich wieder, daß es
8 Ermächtigungen des Kanzlers werden jetzt sofort auf das Amt be-
zogen. Vgl. z. B. Bekanntmach. der Uebergangsvorschriften zur Verord-
nung über Speisefette v. 5. VIII 1916, Reichs-Gesetzbl. S. 917. Beruft sich
auf $ 40 der Bekanntmach. über Speisefette v. 20. vIl. 1916 und & 1 der
eigenen Statuts.