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teressant und für die Stellung der verschiedenen Parteien zur
Staatsgewalt bezeichnend diese Kommissions- und Plenarverhand-
lungen auch waren, juristisch brauchbares Material haben sie sehr
wenig geliefert. Die Antragsteller erklärten entweder die Frage
direkt für eine privatrechtliche oder operierten doch durchweg
mit privatrechtlichen Vorstellungen und Begriffen. „Wo in der
Welt“ gebe es „im geschäftlichen Leben oder sonst“ einen anderen
Grundsatz als den der Haftung für die Stellvertretung! Der
Sozialismus fand Gelegenheit, auf die mammonistische Seite des
Freisinns hinzuweisen, der wohl bei Eingriffen des Staats in das
Eigentum, nicht aber bei solchen in die Freiheit die Haftpflicht
verlange. Eine Haftung aber, und zwar eine prinzipale, folge
„ohne weiteres aus der Idee des Rechtsstaats“. Die Regierung
behauptete, ohne allen Zweifel mit Recht, die staatsrechtliche
Natur der Frage. Nach der allein sicherführenden Unterschei-
dung von Staats- und Privatrecht, der nach der Verschiedenheit
der Subjekte, ist Privatrecht dasjenige, welches die Beziehungen
der Einzelnen zu einander, Staatsrecht das, welches die Verhältnisse
der menschlichen Gemeinwesen, d.h. die Herrschaft des Gemein-
wesens über die Einzelnen, regelt. Weil aber der Staat als Fis-
kus nach einem längst allgemein und auch im Bürgerlichen Ge-
setzbuch anerkannten Satz der Herrschaft des Privatrechts unter-
steht, entscheidet sich die Frage, ob der Fiskus für Rechtswidrig-
keiten seiner Beamten in privatrechtlicher Vertretungsmacht haftet,
nach: civilrechtlichen Grundsätzen. Der Staat als Fiskus steht
mit gleichen Rechten und Pflichten mitten im Rechtsverkehr der
Privaten, weil er sich im Laufe der Zeit hineingestellt hat und
hineingedrängt wurde. In der Ausübung der Staatsgewalt aber
tritt er als Gemeinwesen den Einzelnen als seiner Gewalt Unter-
worfenen gegenüber. Privatrechtliche Sätze sind hier an sich, und
ohne dass der Staat es will, unanwendbar. Ob man aber nicht
dennoch gut daran gethan hätte, eine so dringend nötige Rege-
lung wie die der Haftung des Staats trotzdem im Bürgerlichen