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keinen rechten Sinn gibt, ein eigenes Notverordnungsrecht des
Kriegsernährungsamtes anzunehmen. Somit ist auch auf dieser
zweiten Stufe der Uebertragung doch wieder staatsrechtliche Energie
verloren gegangen. Dieses tertiäre Verordnungsrecht hat nicht die
Kraft des sekundären und findet seine Schranke nicht bloß an der
technischen Gesetzeskraft (Vorrang) formeller Gesetze, sondern
auch an jener der dafür in Betracht kommenden Bundesratsver-
ordnungen. Es handelt sich daher nur um tertiäres Verordnungs-
recht, wie es als solches im $ 2 des Statuts vorgesehen und prak-
tisch augenscheinlich strenge gehandhabt wird. Dieser Verordnungs-
weg ist oder wird durch Bundesrat oder Kanzler gebahnt, die mit
dem großen Geschütz vorangehen®. Das Ernährungsamt erhält
so den Rahmen für seine Rechtsverordnungen oder trifit gelegent-
lich kriegspolizeiliche Verfügungen!®. Wirkliche Notverordnungs-
gewalt gibt es nur auf der ersten und zweiten Stufe. Freilich
darf die praktische Bedeutung dieser ständigen Abnahme staats-
rechtlicher Energie bei der Ausbildung dieses Verordnungsrechtes
nicht überschätzt werden. Es kommt bekanntlich bei der Sicherung
der deutschen Kriegsernährung noch auf ganz andere Dinge an.
Eine weitere theoretisch gleich bemerkenswerte Ausbildung hat
das reichsdeutsche Notverordnungsrecht nicht erfahren. Das dem
Bundesrate im Gesetze über den vaterländischen Hilfsdienst ein-
geräumte Verordnungsrecht weist zwar interessante Besonderheiten
auf, insoferne die allgemeinen Verordnungen des Bundesrats an die
Zustimmung eines vom Reichstage aus seiner Mitte gewählten
° Vgl. zum Bsp. den Weg für die Festsetzung der Höchstpreise für
Kartoffeln. Die Bundesrats-Verordnung (Bekanntmach. v. 13. VII. 1916,
Reichs-Gesetzbl. S. 711) ermächtigt den Reichskanzler auf Grund des Er-
mächtigungsgesetzes. Die Bekanntmachung des Ernährungsamtes v. gleichen
Tage (Reichs-Gesetzbl. S. 711) beruft sich außerdem auf $ 1 des eigenen
Statuts. — Anderseits ergeht die Bekanntmachung v. 1. XII. 1916, Reichs-
Gesetzbl. S. 1314 durch den Stellvertreter des Reichskanzlers, ebenso Be-
kanntmachung über Kohlrüben v. 1. XII. 1916, Reichs-Gesetzbl. S. 1316.
10 2. B. Bekanntmach. v. 13. VII. 1916, Reichs-Gesetzbl. S. 697 (Ver-
brauch von Eiern).