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ist, scheide das Kriegsrecht aus dem Völkerrecht aus. Mit dem Pazifismus
hat aber die Schrift nichts gemein. Ihre politischen Stellen sind, zum Teil
in heftiger Beschimpfung, gegen England gewendet; am Schluß bekommt
auch die „Fiktion“ von Mitteleuropa etwas ab.
Vf. spricht gelegentlich davon, daß er seine eigentümliche Lehre der
Rechtspsychologie und des Völkerrechts nicht babe vortragen können, weil
ihm „die in der Jugend ersehnte Dozentenbahn pekuniär leider versagt
blieb, und in dem idealen Deutschland hier pekuniäre Unabhängigkeit
nötig ist“. Derartige Bemerkungen fordern schärfsten Widerspruch heraus.
Die Universitätslaufbahn steht einem Mittellosen, der seiner Arbeitskraft
vertraut, mit derselben Sicherheit und vielleicht bessern Zukunftsaussichten
offen wie die des Richters, Verwaltungsbeamten, Anwalts. Unter unsern
Rechtslehrern sind diejenigen, die sich ihre Stellung ganz aus eigener Kraft
geschaffen, sich sogar die Mittel zum Studium selbst verdient haben, in
großer Ueberzahl. Der in SrurMms Sätzen anklingende Vorwurf plutokrati-
scher Gestaltung unseres Hochschullebens nimmt sich in einer Schrift, die
mit Hindenburg anfängt, den Kriegsgegnern skrupellose Bosheit, Neid und
Mammonismus, Brutalität, Unverschämtheit, Räuberei und Mord, abscheuli-
schen Krämergeist, Lüge und Verräterei in unaufhörlichem Fortissimo
nachredet (und zugleich den Engländern zum Vorwurf macht, daß sie sich
in greulichen Beschimpfungen Deutschlands ergehen), ganz besonders schlecht
aus. M.B.
Ph. A. Wright, The Enforcement oflInternational Law
Through MunicipalLawin the United States. (Uhi-
versity of Illinois Studies in the Social Sciences Vol. V Nr. 1,
March 1916.) Publ. by the Univ. of Illinois, Urbana. 264 S.
Preis Dollar 1.25.
Neben CurTıs’ Commonwealth of nations eine der bemerkenswertesten
Erscheinungen der amerikanischen Staatsrechtsliteratur in den Kriegsjabren,
bemerkenswert auch dadurch, daß jede Kriegspolemik fehlt. Der Verf.
stellt das gesamte Völkerrecht des Kriegs und Friedens dar, soweit es sich
im inner-amerikanischen Recht, in der Rechtsprechung der amerikanischen
Gerichte, verwirklicht. So ist sein Buch im ganzen ein wertvoller Beitrag
zur Lehre von der Erzwingbarkeit der Völkerrechtssätze, die hier nicht
überstaatlich, sondern in jedem Staat innerstaatlich gedacht ist. Im einzelnen
erscheint die Pflicht des Staates zur Durchführung des Völkerrechts dem
Verfasser unter fünf Gesichtspunkten gegeben: Abstention, d. h. Enthal-
tung der Regierung von völkerrechtswidrigen Handlungen außerhalb ihres
Gebiets, und Acquiescence, nämlich Duldung der völkerrechtlichen Exem-
tionen im Staatsgebiet; Prevention: Verhinderung völkerrechtswidriger
Handlungen der Beamten und der „Zivilbevölkerung* durch die Regierung,
die für diese ihre Untertanen verantwortlich ist; Vindication: Wahrung