Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 37. Band. (37)

höchstens aus der vollständigen Ausschaltung des Reichsrats und 
der damaligen Unwahrscheinlichkeit seiner Einberufung beziehungs- 
weise Arbeitsfähigkeit begreifen ließe. Aber gerade dies spricht 
wieder sehr für die weitergehende Auffassung. Man dachte damals 
wohl kaum an einen jahrelangen Krieg und an keine so baldige 
Tätigkeit des Reichsrats, weshalb auch die Vorsorge für eine par- 
lamentarische Behandlung in den Hintergrund treten mochte. Schon 
aus diesen politischen Voraussetzungen allein läßt sich vermuten, 
daß durch die kaiserliche Verordnung für alles Nötige gesorgt 
und die denkbar größte Schlagfertigkeit erzielt werden sollte, wie 
es eben auch in Oesterreich die kritische Stunde verlangte. In 
diese Richtung weist vollends der nachdrückliche, energische, vor- 
behaltlose Wortlaut der Ermächtigung trotz ihrer schon erwähnten 
technischen Unvollständigkeit in formalrechtlicher Beziehung. Die 
gleiche Unvollständigkeit wird sich noch in andern ganz aus- 
gesprochenen Fällen des Regierungsnotverordnungsrechtes zeigen. 
Das Hauptargument für das Notverordnungsrecht der Regierung 
liefert aber der noch zu erörternde Gebrauch, der von dieser Er- 
mächtigung in der staatlichen Praxis gemacht wurde. 
Es ist daher wohl mit weitaus stärkeren Gründen anzunebmen, 
daß wir es mit einem wirklichen echten Notverordnungsrecht der 
Regierung, einem sekundären Notverordnungsrechte zu tun haben *, 
das nicht etwa dem deutschen Ermächtigungsgesetze ($ 3) ent- 
spricht, wodurch das Notverordnungsrecht überhaupt erst ins Leben 
gerufen wurde, sondern eher mit dem sekundären Notverordnungs- 
rechte des Reichskanzlers auf Grund dieses Ermächtigungsgesetzes 
auf eine Stufe zu stellen ist. Nur handelt es sich um eine weit 
einschneidendere Ermächtigung, welche angenommenen Falls nicht 
allein — wenigstens potentiell oder virtuell — die volle Stärke 
des primären Notverordnungsreehtes (insbesondere Verfügung über 
bestehende formelle Gesetze!) aufweisen würde, sondern äußerlich 
  
14 WITTMAYER am angeführten Orte, wo sich im Zusammenhange kein 
Anlaß zur Ausführung bot.
	        
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