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Möglich keit oder Befugnis, nicht aber als fortab allein in Betracht
kommender Vorgang angesehen. Andererseits dürfte auch nur ein
einziger Fall des tatsächlichen Gebrauchs zum Nachweise genügen,
daß wirklich ein sekundäres Regierungsnotverordnungsrecht all-
gemeiner Art, beschränkt auf das wirtschaftliche Gebiet, beab-
sichtigt war und in diesem Sinne durch die Tat eine authentische
Interpreta tion erfahren hat. Denn wenn eine Ermächtigung so
weit gefaßt wird, wie die vom Oktober 1914, dann legt sich eben
das damit ins Leben gerufene Verordnungsrecht der Regierung
ganz von selbst auf. Erst kürzlich ist auf dieser Grundlage die
ins Privatrecht so tief einschneidende Verordnung der Gesamt-
regierung vom 26. Januar 1917, RGBl. 34 über Mieterschutz er-
lassen worden!?. Ebenso die Verordnung des Gesamtministeriums
vom 13. November 1916 RGBl. Nr. 383 betreffend die Errichtung
eines Amtes für Volksernährung, das nach $ 3 „auf Grund der ihm
vom Ministerpräsidenten erteilten Ermächtigung durch Verord-
nung die zur Erreichung seiner Zwecke erforderlichen Vorschriften
erlassen kann“? Also auch da wieder Filiation über Filiation,
wobei es hier wie im Deutschen Reiche vom formalrechtlichen
Standpunkte zweifelhaft erscheinen mag, ob durch dieses neue Ver-
ordnungsrecht formelles Recht abgeändert werden könne. Die
staatliche Praxis bejaht aber diese Frage offenbar im gleichen
Ausmaße, wie dies oben vom Regierungs-Notverordnungsrechte
im allgemeinen angenommen wurde, und behauptet damit ein ter-
19 Diese Verordnung beruft sich allerdings auch noch auf die weitere,
bereits in der vorigen Anmerkung angeführte kais. Verordng. v. 22. XIl.15,
RGB1l. Nr. 385 (Erfüllung privatrechtlicher Geldforderungen).
20 Mit Berufung auf diesen $ 3 u. die kais. Verordng. v. 10. X. 14,
RGBl. Nr. 274 erging bereits die Verordng. d. österr. Ernäbrungsamtes
betreffd. Bezug v. gebrannten geistigen Flüssigkeiten aus Ungarn, Bosnien
u. d. Herzegowina v. 1. II. 17, RGBl. Nr. 45. Vielleicht wird die Berufung
auf diese beiden Grundlagen üblich. Vergleiche aber die Verordng. d.
Amtes v. 6. II. 17, RGBl. Nr. 51, die sich nur auf die Oktoberermächtigung
beruft. (Zuckerrübe und Rohzucker im Betriebsjahre 1917/18.)
Archiv des Öffentlichen Rechts. XXXV1. 1.