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tiäres Notverordnungsrecht des österreichischen Ernährungsamtes *,
Ein mehr vereinzeltes, gleichfalls bemerkenswertes Notverord-
nungsrecht der österreichischen Regierung findet sich in der Er-
mächtigung, mit Verordnung von bestimmten gesetzlichen Bestim-
mungen abweichende Bestimmungen zu treffen *. Damit wird aber
zweifellos wieder neues Notverordnungsrecht geschaffen. Denn es
hieße gerade in einem solchen Falle alle konstitutionelle Empfin-
dung ausschalten, wenn man leugnen wollte, daß die auf Grund
einer derartigen Ermächtigung ergehenden Ministerialverordnungen
parlamentarisch genau so zu behandeln sind, wie die nach $ 14
des Staatsgrundgesetzes über die Reichsvertretung erfließenden
kaiserlichen Verordnungen selbst. Die kaiserliche Verordnung ist
ja im besprochenen Falle nicht mehr als ein leeres Blankett. Das
sachliche Schwergewicht wird in die Ministerialverordnung verlegt.
Man kann daher beide nur zusammennehmen, muß die Verfügung
der Regierung in die vom Parlament zu genehmigende kaiserliche
Ermächtigungsverordnung gleichsam zurückverlegen, weil andern-
falls das Parlament über nichts anderes zu urteilen hätte als über
die Notwendigkeit der kaiserlichen Ermächtigung, ohne die Mög-
lichkeit, die eigentliche meritorische Behandlung der Frage zu
prüfen und gegebenen Falls abzuändern, worin eine ebenso wesent-
liche wie befremdende Verkürzung seiner Rechte gelegen wäre.
Allerdings müßte auch im Falle der Nichtvorlage der Regierungs-
2 Vergleiche die in Anmerkg. 20 ersterwähnte Verordnung des Amtes.
22 Die kaiserl. Verordng. v. 9. VI. 15, RGBl. Nr. 361 (Zurechnung von
Kriegsjahren bei Bemessung der Pension für den jetzigen Krieg) enthält über-
haupt nur diese eine Ermächtigung: „In allen jenen Fällen, in welchen bei
Bemessung der Pension eine Zurechnung von Kriegsjahren Platz zu greifen
hat, können hinsichtlich dieser Zurechnung für den jetzigen Krieg mit Ver-
ordnung von den Bestimmungen des ersten Absatzes des $ 10 des Gesetzes
v. 27. XII. 1875, RGBl. 158, abweichende Bestimmungen festgesetzt werden.“
Somit geradezu ein ideales Beispiel für den von OTTO MAYER gewürdigten
Vorgang, daß einer Verordnung durch das Gesetz (hier ein provisorisches
Gesetz) die Macht verliehen wird, ältere Gesetze zu brechen. (D. VerR.
2. Aufl. 1. S. 70.