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mißglückt sein, ein verfassungsmäßiger Weg der Abhilfe gewiesen.
Fehlt aber eine derartige Bestimmung, dann wäre auch schon die
bescheidenste und zunächst wenigstens sehr formale Veränderung,
zu der sich der Verfassungsgesetzgeber entschließen würde, näm-
lich die Statuierung der Abänderungsmöglichkeit, als Verfassungs-
bruch aufzufassen.
Fehlt die verfassungsmäßige Veränderungsmöglichkeit, dann
handelt es sich in allen Fällen, die sich prima facie als Verfas-
sungsänderungen darstellen, um Verfassungsbrüche. Liegt aber
ausdrückliche Aenderungsmöglichkeit vor, dann hat man nicht
einmal Anlaß, überhaupt von einer Verfassungsänderung zu spre-
chen; was sich ändert, sind nur gewisse materielle Bestimmungen ;
formal bleibt sie sich aber zur Gänze gleich, da alle etwaigen
Aenderungen in nuce bereits in der Verfassung gesetzt, durch die
Aenderbarkeitsklausel vorweggenommen sind. Selbst alle Ver-
fassungsgesetzgebung ist unter diesem Aspekte — gleich der
normalen Gesetzgebung — nur Ausführungsgesetzge-
bung und der sogenannte Verfassungsgesetzgeber, um so mehr also,
insofern er einfacher Gesetzgeber ist, nur Exekutivorgan des Ver-
fassungsschöpfers, ein Organ, das, indem es auf Grund der in der
Verfassung niedergelegten Ermächtigung materielle Gesetze schafft,
das in der Verfassung ruhende Rechtsprinzip, in Gesetzesform es
konkretisierend, der Realisierung um einen Schritt näher führt.
Wie einerseits die sogenannte Exekutive legislative Elemente ent-
hält, ja ausgesprochen legislative Erscheinungsformen aufweist —,
es sei nur mit einem Worte auf das große Gebiet der Verord-
nungen verwiesen —, so läßt sich, wie soeben kurz zu zeigen
versucht wurde, vom Standpunkt der Verfassung aus alle formale
Gesetzgebung unter dem Gesichtswinkel der Exekutive betrachten.
Je nach dem Standpunkt, den man einnimmt, stellt sich jede
Staatsfunktion angefangen nicht mit, sondern nach der Ver-
fassungsschöpfung, die noch nicht Staatsfunktion ist, bis zum
letzten Akt der Rechtsanwendung sowohl als Exekutive,