Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 37. Band. (37)

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Landesstaatsgewalt, durch zwei auf das entsprechende Ziel ge- 
richtete gebietsverfügende Maßnahmen der Reichs- und der Lan- 
desstaatsgewalt geschehen kann. Dieser Grundsatz gilt sowohl 
dann, wenn eine Verfügung des Reiches über Reichsgebiet ein 
Landesgebiet in Mitleidenschaft zieht, als auch dann, wenn das 
Reich eine direkte Verfügung über Landesgebiet als solches vor- 
nehmen wollte. 
I. 
Durch unmittelbare Verfügung der Reichsge- 
walt über Reichsgebiet wird mittelbar immer — ausge- 
nommen beim Reichsland Elsaß-Lothringen — Landesgebiet 
getroffen. 
Keine Verfügung, weil nicht aktives Handeln des Reiches, 
ist der Fall der feindlichen Eroberung von Reichsgebiet und 
füglich Landesgebiet. Dies wäre überhaupt kein rechtlicher, son- 
dern ein tatsächlicher Vorgang, der juristisch höchstens als vis 
maior für Reichs- und Landesgebiet gewertet werden könnte. 
Ferner scheidet der Fall aus, daß der Kaiser Reichsgebiet in 
einem Friedensschlusse an das Ausland abträte; denn hier ist, wie 
früher nachgewiesen!5?, ein selbständiges Verfügungsrecht des 
Reiches über das Gebiet begründet, ohne daß es einer Mitwirkung 
der betroffenen Gliedstaatsgewalt bedürfte. Es bleibt also nur der 
Fall übrig, daß das Reich in Friedenszeiten durch völkerrecht- 
lichen Vertrag mit einem ausländischen Staate Reichsgebiet, das 
zugleich Landesgebiet ist, an das Ausland abtritt1%%, 
Die Beantwortung der Frage, ob das Reich eine solche Ver- 
fügung selbständig oder nur mit Zustimmung des betroffenen Glied- 
staates vornehmen kann, hängt davon ab, ob es für eine derartige 
Maßnahme zuständig ist. Daß das Reich seinen eigenen räum- 
lichen Wirkungsbereich zu verkleinern kompetent ist, ist klar. 
153 Vgl. $2]J, A. 2. 
154 MEYER-ANScHÜüTz $ 16413,