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dass nunmehr von Reichs wegen ein richterliches Organ ge-
schaffen wurde, dem die Aburtheilung dieser Delikte zusteht.
Die Begründung des Entwurfs führte aus, dass es ein innerer
Widerspruch sei, wenn bei Unternehmungen gegen das Reich im
Namen des Landesherrn Recht gesprochen würde. Die Zentral-
behörde des Reichs könne das Recht einer unmittelbaren Ein-
wirkung für diese Fälle nicht aufgeben. Es sei auch nicht zu
befürchten, dass man in der Gerichtsbarkeit des Reichsgerichts
die Schöpfung einer parteiischen Justiz sehen werde. In der
Kommission wurde beantragt, diese Kompetenz des Reichsgerichts
zu beseitigen und zwar aus politischen Gründen, weil man damit
einen politischen Gerichtshof im Sinne der Stars chamber zu
schaffen glaubte. Indessen wurde dieser Antrag bei der ersten
Berathung der Reichstagskommission ohne weiteres abgewiesen.
Bei der zweiten Berathung wurde der Antrag gestellt, die Ab-
urtheilung und Entscheidung der genannten Verbrechen einem
Reichsschwurgerichte zu übertragen, welches aus drei Mit-
gliedern des Reichsgerichts und zwölf Geschworenen bestehen
sollte. Die Geschworenen sollten aus den Mitgliedern des deutschen
Reichstags gebildet werden. Die verbündeten Regierungen sprachen
sich in der entschiedensten Weise gegen diesen Vorschlag aus;
seitens ihres Bevollmächtigten wurde mit vollem Rechte bemerkt,
dass das beantragte Reichsschwurgericht ein rein politisches
Institut sein und dass durch dasselbe die Politik in die Rechts-
pflege hineingetragen würde. Denselben Standpunkt nahmen die
Abgeordneten LAasker, MARQUARDSEN und Gneıst ein, während
der Abgeordnete Krorz zwar die Bildung der Geschworenenbank
aus den Mitgliedern des Reichstags bekämpfte, dagegen der Idee
eines Reichsschwurgerichts sehr sympathisch gegenüberstand. Bei
der Abstimmung lehnte man den Antrag ab. Bei der zweiten
Plenarsitzung wurde er zwar nicht formell wieder eingebracht,
jedoch kam die Frage abermals zu sehr eingehender Berathung.
Seitens des Abgeordneten Wınpruorst wurde die reichsgericht-
liche Kompetenz als die eines Ausnahmegerichtshofs be-
zeichnet, gegen den er stimmen müsse. Der Abgeordnete Häneı
äusserte sich in derselben Weise. Er sah darin gleichfalls eine
Abweichung von der Regel, die Entscheidung über die schwersten
Verbrechen Geschworenen einzuräumen, musste aber bekennen,
dass der Versuch auch für diese Fälle Geschworene zur Urtheils-