Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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findung heranzuziehen, unüberwindlichen Schwierigkeiten begegne. 
Die verbündeten Regierungen bestritten auf das lebhafteste, dass 
das Reichsgericht als Ausnahmegerichtshof anzusehen sei. Seitens 
des Abgeordneten LAsker wurde in demselben Sinne zu Gunsten 
der Bestimmung gesprochen. Dieser Redner hob insbesondere 
den grossen Unterschied hervor, welcher zwischen dem preussi- 
schen Staatsgerichtshofe und dem Reichsgerichte bestehe. Er 
bemerkte, dass er sich keinen mit grösseren Garantien umgebenen 
Gerichtshof denken könne, als die beiden aus 14 Mitgliedern be- 
stehenden vereinigten Senate des Reichsgerichts. Damit war die 
Sache erledigt und es wurde in der dritten Berathung nicht mehr 
darauf zurückgegriffen. Jedenfalls musste das Reich, sobald es 
einen Gerichtshof des Reiches ins Leben rief, demselben die Ab- 
urtheilung der gegen seine Existenz gerichteten Verbrechen über- 
tragen. Nur der Gerichtshof, welcher von der Zentralgewalt 
errichtet und besetzt wird, bietet eine Garantie dafür, dass die 
gegen die Zentralgewalt verübten Verbrechen, die Verbrechen, 
welche die vitalen Interessen dieser Gewalt antasten, auch wirklich 
stets verfolgt und abgeurtheilt werden; nur die Errichtung einer 
Staatsanwaltschaft am Reichsgericht, welche von Amts 
wegen mit der Verfolgung der erwähnten Verbrechen beauftragt, 
welche in Ansehung derselben die vorgesetzte Behörde aller 
deutschen Staatsanwaltschaften ist, nur sie bürgt in genügendem 
Umfange dafür, dass nicht die Verfolgung eines gegen die Exi- 
stenz des Reichs gerichteten Verbrechens von dem Willen des 
obersten Beamten der Staatsanwaltschaft eines Bundesstaates ab- 
hängig gemacht wird, der unter Umständen partikularistischen 
Einflüssen zu gehorchen haben würde, die ihm eine Verfolgung 
des Verbrechens als nicht angemessen erscheinen liessen. Die 
Erfahrungen, welche man in der politischen Geschichte Deutsch- 
lands gemacht hat, mussten dies als höchst gefährlich bezeichnen. 
Dieser Gedankengang wurde ja auch in den parlamentarischen 
Verhandlungen allseits als richtig und zutreffend anerkannt. Selbst 
die Redner, welche die föderative Grundlage des Reichs bei 
allen Fragen als entscheidendes Kriterium benützen, konnten die 
logische Berechtigung desselben nicht bestreiten. Mit Ent- 
schiedenheit muss aber die Qualifikation des Reichsgerichts 
als Ausnahmegerichtshof bekämpft werden. Eine Ausnahme 
besteht nur insoweit, als von der Regel abgewichen wurde, dass
	        
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