— 114 —
Verbrechen zusteht, da ferner die Vertheilung der Mitglieder des
Gerichtshofs in die Abtheilungen für jedes Jahr und nicht von
Fall zu Fall erfolgt, da endlich diese Vertheilung gänzlich von
den Einflüssen der Verwaltung unabhängig ist und auch die Bei-
ziehung von Hilfsrichtern vom Gesetze nicht gestattet wird, so
kann doch wirklich die Bezeichnung Ausnahmegerichtshof und
Ausnahmegerichtsbarkeit durch keinerlei Gründe ernster Natur
gerechtfertigt werden.
In den bisher dargestellten Fällen funktionirt das Reichs-
gericht als erkennendes Gericht; es gibt aber auch Fälle, in
welchen es lediglich als beschliessendes Gericht die Gerichts-
barkeit ausübt. In den Untersuchungen wegen Hoch- und Landes-
verrathes, begangen gegen Kaiser und Reich, erkennt es auf die
Beschwerden gegen Verfügungen des Untersuchungsrichters und
zwar ist hiermit der Erste Strafsenat beauftragt.
Der oberstrichterlichen Thätigkeit in Strafsachen steht die
Ausübung der Gerichtsbarkeit in Civilsachen gegenüber. Auf
diesem Gebiete entscheidet das Reichsgericht, wie bereits oben
bemerkt wurde, die Revisionen gegen die Endurtheile der Ober-
landesgerichte, sofern dieselben auf Verletzung einer Rechtsnorm
reichsrechtlicher Natur oder einer solchen gestützt werden, welche
über den Bereich des betreffenden Oberlandesgerichts Geltung hat,
und ausserdem die Berufung über Urtheile der Konsulargerichte.
Es wurde oben hervorgerufen, dass durch diese Vorschriften die
Aufgabe und der wesentliche Charakter des Reichsgerichts, das
Organ zu sein, welches die einheitliche Rechtsauslegung
wahrt, in besonderer Stärke hervortritt. Eine Revision, welche
auf die unrichtige Anwendung des ausländischen Rechts gestützt
wird, kann desshalb bei dem Reichsgerichte niemals Beachtung
finden; denn das Reichsgericht soll nur auf die richtige Aus-
legung des inländischen Rechts, nicht auch auf die des aus-
ländischen bedacht sein, ein Grundsatz, welcher in der Praxis mit-
unter zu Unzuträglichkeiten führt, von welchem aber nicht in
Abrede gestellt werden soll noch kann, dass er mit dem Grund-
gedanken des Gesetzes homogen ist. Die Motive zur Civilprocess-
ordnung rechtfertigen diese Konsequenz sowie auch die Beschrän-
kung auf die erwähnten zwei Kategorien von Rechtsnormen mit
der Bemerkung, dass in Ansehung ihrer ein Bedürfniss nach
Einheit des Rechts und der Rechtspflege nicht anerkannt werden