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wohl dies durch das Gesetz mit klaren Worten verboten ist; — wenn er
nicht nur ein Beispiel der Gesetzesverletzung gibt, sondern sich auch in
pekuniäre Abhängigkeit von Privatpersonen bringt, welche ihn naturgemäss
auch in Betreff seiner Abstimmungen abhängig machen muss, während er ein
Vertreter des gesammten Volkes und an Aufträge und Instruktionen nicht
gebunden, auch für seine Abstimmungen nicht verantwortlich sein soll.“
Das Kammergericht in Berlin dagegen in dem Prozesse gegen
LansHorr, Civ.-Senat II, hat ebenso, wie das Oberlandesgericht in Königs-
berg in Sachen gegen DirichLet, die Anwendbarkeit der 8$ 205 u. 206 ver-
neint. Ueber die civilrechtlichen Folgen dagegen, des im Art. 32 ent-
haltenen Verbotsgesetzes und der Anwendbarkeit des $$ 172. 173 enthält
das Erkenntniss des letztgedachten Gerichtshofes, ähnlich wie das des I. Civil-
senats des Öberlandesgerichts in Naumburg in der Prozesssache gegen
HaAsENcLEvER folgende Ausführungen:
„Die civilrechtlichen Wirkungen sind weder in der Verfassung
selbst, noch sonst in den Reichsgesetzen ausgesprochen, ebensowenig in den
Reichstagsverhandlungen zur Sprache gebracht. Es kann jedoch nicht be-
hauptet werden, dass die Bestimmungen der Verfassung überhaupt keine
privatrechtliche Wirkung hervorbringen können. Die in Abs. 2 des Art. 18
getroffene Bestimmung ertheilt z.B. den aus dem Staatsdienst der Bundes-
staaten zu einem Reichstag berufenen Beamten unmittelbares Privatrecht,
dessgleichen legt Art. 41, Abs. 2 den bestehenden Eisenbahnen eine un-
mittelbar wirksame Last auf. In jedem einzelnen Falle bleibt demnach zu
untersuchen, ob eine Verfassungsbestimmung privatrechtliche Wirkungen
hat. Hierbei wird es, da ein einheitliches bürgerliches Gesetzbuch nicht
vorhanden, auf die Civilrechte der Einzelstaaten ankommen. Der Einwand,
dass es nicht Wille des Gesetzgebers im Reiche gewesen sein könne, Normen
zu geben, die in den verschiedenen Bundesstaaten verschieden wirkten,
kann die privatrechtliche Wirksamkeit des Art. 32 nicht beseitigen. Das
von dem Reiche ausgesprochene Verbot ist für alle Mitglieder des Reichs-
tages bindend, gleichviel, in welchem Bundesstaat sie wohnen oder gewählt
werden. Von nebensächlicher Bedeutung ist, dass das Verbot nach den je-
weiligen Bundesgesetzen verschiedene Wirkungen hervorbringen kann; dies
muss bis zur Inkrafttretung eines einheitlichen bürgerlichen Gesetzbuches
ertragen werden. Man verkennt ferner den Einfluss des Reichsrechts auf
das Landrecht, wenn man einwendet, dass die in Frage kommenden Be-
stimmungen des Allg. Landrechts nicht auf Verbote bezogen werden
könnten, die in späterer Zeit von neuen Staatsbildungen ausgehen möchten.
Nach der Vorschrift des Art. 2 der Reichsverfassung steht unzweifelhaft
fest, dass die Reichsgesetze den Landesgesetzen vorgehen. Sollte man diesen
Satz aber nur von den auf Grund der Verfassung selbst erlassenen Gesetzen
gelten lassen, so ist doch die Reichsverfassung, die Verfassung des Nord-
deutschen Bundes in der preussischen ‚Gesetzsammlung verkündet und also
preussisches Gesetz geworden. Es erscheint demnach jeder Zweifel ausge-
schlossen, dass das, was nach der Reichsverfassung verboten oder unerlaubt,
im Sinne des allgemeinen Landrechts als verboten und unerlaubt gelten
muss. Bei der Prüfung der Frage, ob die $$ 172. 173. 205. 206 I des