Dr. Otto Mayer, a. o. Prof. in Strassburg, Theorie des französischen
Verwaltungsrechts. Strassburg. K. J. Trübner. 1886. XVI u.
533 8. gr. 8°.
Der Verfasser kennzeichnet die Tendenz seines Werkes mit den Worten:
„Es gilt die französische Theorie des Verwaltungsrechtes in’s Deutsche zu
übersetzen, in der Denkweise des deutschen Juristen wiederzugeben, was,
vielfach unausgesprochen, ihr Inhalt ist.“ „Die französische Verwaltungsrechts-
wissenschaft, so hoch entwickelt sie ist, vermag ihm nicht zu dienen. Sie
ist viel zu sehr befangen in den Voraussetzungen des besonderen Rechts-
lebens, aus dem sie hervorgeht. Grosse Grundsätze werden kaum angedeutet,
die nur dem französischen Juristen selbstverständlich sind; unscheinbare
Ausdrucksweisen entlehnen einen tiefen Sinn aus gemeinsamen Anschauungen
des Schriftstellers und des Lesers. Es ist eine fremde Sprache auch für den,
der des Französischen vollkommen mächtig ist.“ Der Verf. erklärt, dass er
ausschliesslich französische Literatur angezogen und jede Auseinandersetzung
mit „unserer jungen, nach Formen ringenden Verwaltungsrechtswissenschaft“
vermiöden habe, denn „er habe ja hier keine eigenen Meinungen zu verthei-
digen, sondern er sei nur Berichterstatter über die Thaten der französischen
Juristen“.
Zweifellos ist in diesen Worten ausgesprochen, was der Verf. in seinem
Werke geben wollte und von welchem Gesichtspunkte aus er es beurtheilt zu
sehen wünscht; dessenungeachtet muss er sich doch wohl gefallen lassen,
dass er nach dem, was er wirklich gibt, beurtheilt werde und dass die Kritik
sich an die objektive Leistung, nicht an seine Charakterisirung derselben
hält. Der Inhalt des Buches widerspricht dem Programm. Der Verf. ist
kein blosser Berichterstatter über den gegenwärtigen Standpunkt der fran-
zösischen Theorie, sondern er hat in origineller und zum Theil sehr sub-
jektiver Auffassung das französische Verwaltungsrecht in ein System gebracht
und ihm eine eigenthümliche dogmatische Ausprägung gegeben. Gerade
desshalb kann er sich aber nicht darauf berufen, dass er „keine eigenen
Meinungen zu vertheidigen habe“, d. h. dass Alles, was er vorträgt, und so,
wie er es vorträgt, das objektiv feststehende, gleichsam absolut richtige fran-
zösische Verwaltungsrecht sei, und dass die von ihm durchgeführten „grossen
Grundsätze“ den französischen Juristen „selbstverständlich“ seien. Der Verf.
würde freilich eine unangreifbare Position einnehmen, wenn die ihm eigen-
thümlichen Konstruktionen der französischen Literatur gegenüber als „die
Denkweise der deutschen Juristen“, den deutschen Fachgenossen gegenüber
als „die Thaten der französischen Juristen“ gelten müssten; er würde da-
durch aber die Selbständigkeit und Bedeutung seiner Arbeit selbst herunter-
setzen. Es muss dies gleich von vornherein bemerkt werden theils im Hin-