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liche Natur des einen Kontrahenten schliesst die im Begriffe eines
solchen liegende Rechtsgleichheit aus. — Wie überall im Verwaltungsrecht
ist der Staat der Handelnde, Bestimmende, der Einzelne nur das Objekt,
auf welches eingewirkt wird. Seinem inneren Wesen nach gleicht vielmehr
der öffentlich-rechtliche Vertrag der Requisition. Er setzt sich zusammen aus
zwei Verwaltungsakten; der eine legt eine Leistungspflicht auf, der andere
gewährt Entschädigung für die Leistung; für die Durchführung der auf-
erlegten Last sorgt verwaltungsrechtlicher Zwang, eingeleitet und geordnet
durch weitere Verwaltungsakte auf Grund des ersten.“
Was es dem Begriffe des Vertrages schaden soll, dass der staatliche
Zwang zur Durchführung von anderen Behörden als den Civilgerichten ge-
handhabt wird, ist nicht einzusehen. Wie ist es aber zusammenzureimen,
dass der öffentlich-rechtliche Vertrag ein zweiseitiges Rechtsgeschäft sein
und doch lediglich aus zwei Verwaltungsakten eines der beiden Betheiligten
bestehen soll und dass der freie Wille des Einzelnen zur Eingehung
desselben erforderlich ist und der Einzelne doch nur das Objekt der
staatlichen Handlung ist, auf welches durch die letztere eingewirkt wird?
Ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, das nur eine Seite hat, und ein handelndes
Subjekt, das nur Objekt ist! Wozu wird der Begriff des öffentlichen Ver-
trages überhaupt in die Darstellung eingeführt und als Konstruktionsmittel
in diesem ganzen Abschnitt fortwährend verwendet, wenn zugleich die De-
duktion überall darauf gerichtet wird, dass dieser Vertrag in Wahrheit gar
kein Vertrag sei, sondern ein einseitiger Kreationsakt und dass das von ihm
hervorgerufene Rechtsverhältniss nicht einmal als ein quasikontraktliches
gelten könne? Man vergl. z. B., was der Verf. 8. 323 über das Verhält-
niss der Post zu den Einzelnen, welche ihr Sendungen übergeben, ausführt.
Wenn von einer staatlichen Handlung ausgesagt wird, sie sei hoheit-
lich, obrigkeitlich, Aeusserung der Staatsgewalt, der Herrschermacht, so
muss man sich doch darüber klar werden, welchen Gedanken man damit
ausdrücken will. Wenn jeder staatliche Willensakt ohne Ausnahme und
ohne Rücksicht auf seinen Inhalt und seine Rechtswirkung als hoheitlich
bezeichnet wird, so hat dieser Ausdruck gar keinen spezifischen Sinn; er ist
synonym mit staatlich und kann daher nicht zur Charakteristik staatlicher
Akte dienen. Freilich ist es zweifellos, dass der souveräne Staat und seine
Organe in keinem Falle irgend einem rechtlichen Zwange unterliegen können,
der nicht in letzter Quelle von seinem eigenen Willen ausgeht. Der sou-
veräne Staat handelt im Gegensatz zu den Unterthanen stets rechtlich frei, nur
durch sich selbst bestimmt, durch keinen höheren Befehl gebunden, keiner
Herrschermacht unterworfen, sondern mit ihr selbst ausgestattet. Daher sind
alle Verwaltungsakte des Staates, gleichviel welches ihr Inhalt ist, freie,
von keinem höheren Willen als dem seinigen bestimmte. Dies gilt aber auch
dann, wenn sie dem gewöhnlichen Civilrecht und der Rechtsprechung der
Gerichte unterworfen sind; denn auch die bindende Kraft des Civilrechts
und die Gerichtsbarkeit der Civilgerichte beruht auf der Gewalt und dem
Willen des Staates. In diesem Sinne kann man daher allerdings jeden
staatlichen Verwaltungsakt als einen hoheitlichen bezeichnen; man gibt
dadurch aber nicht eine besondere Qualifikation des Aktes an, sondern hebt
nur eine allgemeine Eigenschaft des Staates als des handelnden Subjektes
hervor. Der staatliche. Verwaltungsakt ist die Handlung eines mit Herrscher-
macht ausgestatteten Wesens wie jedes Rechtsgeschäft eines Einzelnen die
Handlung eines mit (Privat-) Rechtsfähigkeit ausgestatteten ist. Was wird
aber zur juristischen Charakteristik eines civilrechtlichen Vertrages beige-