Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

— 158 — 
liche Natur des einen Kontrahenten schliesst die im Begriffe eines 
solchen liegende Rechtsgleichheit aus. — Wie überall im Verwaltungsrecht 
ist der Staat der Handelnde, Bestimmende, der Einzelne nur das Objekt, 
auf welches eingewirkt wird. Seinem inneren Wesen nach gleicht vielmehr 
der öffentlich-rechtliche Vertrag der Requisition. Er setzt sich zusammen aus 
zwei Verwaltungsakten; der eine legt eine Leistungspflicht auf, der andere 
gewährt Entschädigung für die Leistung; für die Durchführung der auf- 
erlegten Last sorgt verwaltungsrechtlicher Zwang, eingeleitet und geordnet 
durch weitere Verwaltungsakte auf Grund des ersten.“ 
Was es dem Begriffe des Vertrages schaden soll, dass der staatliche 
Zwang zur Durchführung von anderen Behörden als den Civilgerichten ge- 
handhabt wird, ist nicht einzusehen. Wie ist es aber zusammenzureimen, 
dass der öffentlich-rechtliche Vertrag ein zweiseitiges Rechtsgeschäft sein 
und doch lediglich aus zwei Verwaltungsakten eines der beiden Betheiligten 
bestehen soll und dass der freie Wille des Einzelnen zur Eingehung 
desselben erforderlich ist und der Einzelne doch nur das Objekt der 
staatlichen Handlung ist, auf welches durch die letztere eingewirkt wird? 
Ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, das nur eine Seite hat, und ein handelndes 
Subjekt, das nur Objekt ist! Wozu wird der Begriff des öffentlichen Ver- 
trages überhaupt in die Darstellung eingeführt und als Konstruktionsmittel 
in diesem ganzen Abschnitt fortwährend verwendet, wenn zugleich die De- 
duktion überall darauf gerichtet wird, dass dieser Vertrag in Wahrheit gar 
kein Vertrag sei, sondern ein einseitiger Kreationsakt und dass das von ihm 
hervorgerufene Rechtsverhältniss nicht einmal als ein quasikontraktliches 
gelten könne? Man vergl. z. B., was der Verf. 8. 323 über das Verhält- 
niss der Post zu den Einzelnen, welche ihr Sendungen übergeben, ausführt. 
Wenn von einer staatlichen Handlung ausgesagt wird, sie sei hoheit- 
lich, obrigkeitlich, Aeusserung der Staatsgewalt, der Herrschermacht, so 
muss man sich doch darüber klar werden, welchen Gedanken man damit 
ausdrücken will. Wenn jeder staatliche Willensakt ohne Ausnahme und 
ohne Rücksicht auf seinen Inhalt und seine Rechtswirkung als hoheitlich 
bezeichnet wird, so hat dieser Ausdruck gar keinen spezifischen Sinn; er ist 
synonym mit staatlich und kann daher nicht zur Charakteristik staatlicher 
Akte dienen. Freilich ist es zweifellos, dass der souveräne Staat und seine 
Organe in keinem Falle irgend einem rechtlichen Zwange unterliegen können, 
der nicht in letzter Quelle von seinem eigenen Willen ausgeht. Der sou- 
veräne Staat handelt im Gegensatz zu den Unterthanen stets rechtlich frei, nur 
durch sich selbst bestimmt, durch keinen höheren Befehl gebunden, keiner 
Herrschermacht unterworfen, sondern mit ihr selbst ausgestattet. Daher sind 
alle Verwaltungsakte des Staates, gleichviel welches ihr Inhalt ist, freie, 
von keinem höheren Willen als dem seinigen bestimmte. Dies gilt aber auch 
dann, wenn sie dem gewöhnlichen Civilrecht und der Rechtsprechung der 
Gerichte unterworfen sind; denn auch die bindende Kraft des Civilrechts 
und die Gerichtsbarkeit der Civilgerichte beruht auf der Gewalt und dem 
Willen des Staates. In diesem Sinne kann man daher allerdings jeden 
staatlichen Verwaltungsakt als einen hoheitlichen bezeichnen; man gibt 
dadurch aber nicht eine besondere Qualifikation des Aktes an, sondern hebt 
nur eine allgemeine Eigenschaft des Staates als des handelnden Subjektes 
hervor. Der staatliche. Verwaltungsakt ist die Handlung eines mit Herrscher- 
macht ausgestatteten Wesens wie jedes Rechtsgeschäft eines Einzelnen die 
Handlung eines mit (Privat-) Rechtsfähigkeit ausgestatteten ist. Was wird 
aber zur juristischen Charakteristik eines civilrechtlichen Vertrages beige-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.