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einseitigen Kreationsaktes, sie verflachen den bestimmten und kraftvollen
Begriff des Befehls zu der vieldeutigen und nichtssagenden „Ausübung
staatlicher Hoheit“ und sie gelangen endlich zu dem „zweiseitigen Ver-
waltungsvertrage“, bei welchem ‚nur ein Kontrahent Subjekt, der andere
dagegen Objekt sein soll.
Wenn ferner auch der Besitz, das Eigenthum, das thatsächliche Handeln
im Betriebe der staatlichen Anstalten als „Verkörperung des hoheitlichen
Willens“ bezeichnet werden, weil dadurch das Interesse der Einzelnen zu-
rückgedrängt wird (S. 22, 226 u. a.), so ist dieser Grund nicht ausreichend.
Denn drängt nicht auch der Besitz, das Eigenthum, der Gewerbebetrieb des
Einzelnen das Interesse anderer Einzelner zurück? Ueberall wo eine Be-
rechtigung ihren vom objektiven Recht anerkannten und geschützten Platz
hat, sind die Rechte und Interessen Anderer „zurückgedrängt“. So kommt
z. B. in dem Briefmonopol allerdings die Herrschermacht zur Geltung, denn
es ist ein zwingendes Verbot des Staates; ebenso in dem Signal des Postillons,
durch welches er einen ihm den Weg versperrenden Wagenführer auffordert
auszuweichen; aber nicht in dem Besitz und Eigenthum an Postwagen und
Pferden und ebensowenig in der Uebernahme der Beförderung eines Briefes
oder eines Reisenden.
Ich übergehe den Abschnitt über die Verwaltung des fiskalischen Ver-
mögens (S. 376—419), der manche interessante und werthvolle Erörterungen
enthält, von dem eben entwickelten Gesichtspunkte aus aber ebenfalls zu
Bedenken und Widersprüchen Anlass gibt, um dem dritten Hauptabschnitt,
über die Selbstverwaltung, noch einige Worte zu widmen. Auch
dieser Theil des Werkes ist ausgezeichnet durch die von dem Verf. befolgte
Methode, sich auf die juristische Seite der von ihm behandelten Institute
zu beschränken. Die Rechtsbeziehungen zwischen den Selbstverwaltungs-
körpern und dem Staate, die vermögensrechtliche Seite der Selbstverwaltung,
die Ordnung der Kommunalverbände und die rechtlichen Formen, in denen
das Zusammenwirken der Gemeinde- und Staatsbehörden erfolgt, das Recht
der Stiftungen und die Stellung der anerkannten Kirchen im Staate sind in
anziehender Weise dargestellt.
Für das ganze Recht der Selbstverwaltung liegt der Schwerpunkt in
der juristischen Persönlichkeit der Selbstverwaltungskörper. Dass
sie ein von dem Staat verschiedenes Rechtssubjekt sind, welches dem Staat
gegenüber Träger von Rechten und Pflichten ist, dass also zwischen dem
Staat und den Selbstverwaltungskörpern Rechtsverhältnisse bestehen —
dies bildet den rechtlich bedeutsamen Unterschied zwischen ihnen und den
Staatsbehörden und ist Voraussetzung und Quelle aller juristischen Eigen-
thümlichkeiten der Selbstverwaltung im Gegensatz zur unmittelbaren Staats-
verwaltung. Diese Bedeutung der Persönlichkeit der Selbstverwaltungskörper
verkennt auch der Verf. nicht; er rtickt sie aber nicht genügend in den
Mittelpunkt der Darstellung, er entwickelt nicht die ganze Fülle von Kon-
sequenzen, die sich hieraus ableiten lassen, und er fällt wiederholt in die
— nicht bloss „uncivilistische“, sondern unjuristische — Auffassung, als
seien die einzelnen Staatsangehörigen die „Selbstverwaltungsberechtigten‘“,
als seien die Aemter der Selbstverwaltung nicht Organe der korporativen
Verbände, sondern „Vertretungsämter* der dabei interessirten Individuen,
und als seien die Selbstverwaltungskörper nur „gedachte“ Rechtssubjekte,
ihre Persönlichkeit nur „eine Formel, welcher sich die juristische Technik
zur Abkürzung der Denkwege zu bedienen pflegt“ (S. 427). Die Rechtsfähig-
keit der Selbstverwaltungskörper hat in der Rechtsordnung eine ebenso