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zwar die erworbenen Gebiete nicht ohne weiteres Bestandtheile
des Reiches werden, aber die Souveränetät über dieselben geht
auf den Träger der Reichssouveränetät über. Die Kolonien sind
dem Reiche nicht einverleibt, aber durch Realunion mit demselben
verbunden. Da der Kaiser die Souveränetät allein ohne Mit-
wirkung anderer Organe erwerben kann, so vermag er sie auch
in derselben Weise wieder aufzugeben, es müsste denn sein, dass
ein Schutzgebiet durch Reichsgesetz dem Reiche einverleibt wäre.
Während die Kolonien völkerrechtlich als Inland gelten, sind
die deutschen Schutzgebiete vom staatsrechtlichen Gesichtspunkte,
d. h. nach dem Staatsrechte des Deutschen Reichs Ausland. Es
ergibt sich dies aus Art. 1 der Reichsverfassung, wonach das
Bundesgebiet aus den namentlich aufgezählten deutschen Staaten
besteht. Zu denselben ist nach dem Gesetze vom 9. Juni 1871?)
und $ 2 des Gesetzes vom 25. Juni 1873°) das Gebiet von El-
sass-Lothringen getreten. Diesen Charakter als Ausland müssen
die deutschen Schutzgebiete behalten, so lange nicht etwa durch
ein Reichsgesetz, welches den Art. 1 der Reichsverfassung ab-
ändert, ein oder das andere Schutzgebiet zum unmittelbaren Be-
standtheile des Reiches erklärt wird. Gleichwohl ist aber die
Reichsgewalt Souverän der Schutzgebiete. Das Verhältniss ist
dasselbe, als wenn etwa eine europäische Macht eine an das Reichs-
gebiet angrenzende Provinz an das Reich abtritt, jedoch ein
Reichsgesetz, wodurch diese Provinz mit dem Reiche vereinigt
wird, nicht zu Stande kommt.
Bekanntlich besteht nun eine Streitfrage darüber, ob dem
Kaiser eine monarchische Gewalt in Deutschland zusteht, oder
mit anderen Worten, wer Träger der Souveränetät ist, der Kaiser
oder die verbündeten Regierungen. Die Hauptvertreter der ver-
schiedenen Ansichten sind Lasannp und H. Scauzze ?). Ersterer
spricht dem Kaiser als solchen die Souveränetät ab, letzterer legt
ihm eine monarchische Gewalt über Deutschland bei. Die Wahr-
heit dürfte hier in der Mitte liegen. Das Kaiserthum ist eine
Einrichtung, die auf dem Wege der Entwicklung vom Bundes-
”) R.G.Bl. 1871, S. 212.
®) R.G.Bl. 1873, S. 161.
°) Vgl. Lasanp, Das Staatsrecht des deutschen Reiches, Tübingen 1876
— 1883. Bd. 1, S. 206 ff. H. SchuLze, Lehrbuch des deutschen Staatsrechts.
Leipzig 1880-1886. Bd. 2, S. 33 ff.