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schen Volksanfragen ist die den Frieden von Nyon mit dem
Herzog Carl Emanuel von Savoyen betreffende. Dieser Fürst
suchte, nachdem Savoyen bereits im Jahre 1564 durch den sog.
Lausanner- Vertrag, einen Schiedsspruch der 11 eidgenössischen
Orte gegen Bern und Freiburg, den Besitz von Chablais, Faucigny
Gex gegen definitive Verzichtleistung auf das Waadtland wieder
erlangt hatte, auch der Stadt Genf wieder mächtig zu werden,
welche seit 1584 „als ein Schlüssel der Eidgenossenschaft“ unter
dem gemeinsamen Schutze von Zürich und Bern stand. Die
Berner, denen dieser Schutz zunächst oblag, hatten auf den Vor-
schlag Frankreichs den französischen Gesandten, Herrn von Sancy
mit einer Subsidie von 100,000 Thalern zum Krieg gegen Savoyen
gedungen ?*), der jedoch so wenig energisch geführt wurde, dass
sie nach einem ebenfalls vergeblichen Versuche, ihn selbst besser
zu führen, muthlos einen in der Schweizergeschichte berüchtigten
Friedens-Vertrag vom 11.October 1589 abschlossen, durch welchen
sie sich verpflichteten „wenn der Herzog Rechtsame und Ansprache
suchen wolle mit Gewalt der Waffen oder des Rechtens gegen
die von Genf, diesen keine Gunst noch Hülfe beweisen, sondern
sich entziehen zu wollen aller Dinge des Kriegs“ ?°). Dieser Vertrag
der das „protestantische Rom“, den Schlüssel des eigenen Landes
preisgeben und den man damals sogar der Bestechlichkeit des
bernischen Schultheissen zuschreiben wollte?°), wurde von dem
souveränen Grossen Rath in Bern ratifizirt und bereits auf
?!) Sie hatten ihm blos 3 Regimenter von Bern und ihren Verbündeten
Solothurn und Graubünden zur Disposition gestellt. Der Krieg drehte sich
namentlich um das pays de Gex, welches zuletzt in den Händen des Herzogs
blieb und von demselben sodann im Jahre 1600 an König Heinrich IV. von
Frankreich gegen das Marquisat Saluzzo ausgetauscht wurde. Seither besitzt
Frankreich dieses Ländchen diesseits der Jurakette, von welchem nur ein
kleines Stück 1815 an die Eidgenossenschaft kam.
25) Dieser Art. 5 des Nyoner Friedens bezog sich zurück auf einen
früheren Schiedsspruch zu Payerne 1531, wornach den Herzogen von Savoyen
das sogenannte Vidomat in der Stadt Genf anerkannt worden war, welches
jedoch seither längst nicht mehr bestand.
2) Dass derselbe wirklich aus solchen Gründen und nicht blos aus
Mattherzigkeit den Vertrag schloss, ist nicht wahrscheinlich. Er wurde
jedoch abgesetzt und später verpflichtet, sich vor den Landgemeinden zu
rechtfertigen, talls dieselben auf ihrer Beschuldigung beharren sollten.