Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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in gutfindender Weise zu versammeln, aufzuklären und über ihre 
Meinung Bericht zu erstatten. Oder es gingen ausgeschossene 
Rathsglieder in die Landschaft hinaus, um die Bevölkerung 
zu belehren und sich ihrer Meinung zu versichern. Dies ge- 
schah im Falle des Friedens von Nyon mit Bezug auf die 
deutschen Landschaften und aargauischen Städte. Oder es 
wurden endlich Ausschüsse der Landschaft nach Bern berufen, 
um solche wichtige Sachen in der Rathssitzung mitberathen zu 
helfen. Dies wurde 1590 bezüglich der welschen Unterthanen 
angeordnet. Doch war dieser letztere Modus bei der bernischen 
Regierung am wenigsten beliebt. Den Grund nennt der Chronist 
Anshelm, indem er sagt, man habe 1509 Rathsboten in die Aemter 
hinausgeschickt „wol bedacht wäger ze sin ir Rät hinus ze senden, 
dann ir Unterthanen harinn ze Räten ze machen, so dann selten 
ohne Nachtheil einer Obrigkeit zesammenkommen, gewonlich all- 
wegen ira abziehen, Party und Irrung anrichten oder stärken“. 
Diese Furcht, vor einer zu starken Einmischung des Volkes 
in die Regierung war wohl auch der Grund, wesshalb diese 
Volksanfragen vom Jahre 1610 ab, bei immer stärkerer Aus- 
bildung der Oligarchie nicht mehr zur Anwendung kamen. Erst 
in ihrer letzten Verlegenheit berief die Regierung dann noch 
solche Ausschüsse auf den 1. Februar 1798 nach Bern, nachdem 
bereits die Freiheitsbäume in Lausanne und Aarau aufgepflanzt 
waren, dieselben sassen dann im Grossen Rathe bis zum 5. März, 
konnten aber das Geschick des Staates nicht mehr aufhalten. 
Ueber das Stimmrecht in solchen Fällen bestanden ebenfalls 
keine bestimmten Vorschriften. Kamen Landschaftsboten nach 
Bern, so schickte jedes Amt gewöhnlich zwei Boten, die in einer 
herkömmlichen Rangordnung (voran stets Thun und Burgdorf) 
ihre Aufträge im Rathe eröffneten. Bei der letzten derartigen Ver- 
sammlung am 1. Februar 1798, fanden sich 51 Ausgeschossene 
ein. Bei der Abstimmung auf dem Lande selbst wurde in der 
Regel alle Mannschaft vom erfüllten 14. Lebensjahre ab zur Ab- 
stimmung zugelassen, 1503 schon die 12jährigen, mitunter aber 
wurde auch das 16. und 18. Altersjahr vorgeschrieben. Die 
Theilnahme an der Abstimmung war in der Regel nicht obliga- 
torisch, doch wurden in einzelnen Fällen, z. B. bei Anlass der
	        
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