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sieben Exemplaren den einzelnen Landschaften zugefertigt wurden
und die nicht in allen Einzelheiten gleichlauten, namentlich das
Recht ertheilt „wenn sie mit böser Gewalt übersetzt werden
wölltent“ auf Versammlungen mehrerer Kirchhören Ausschüsse zu
wählen, welche vor den Rath in Zürich kommen und die Begehren
der Landschaft dort eröffnen sollen °*), In dem Kappeler Brief von
1531, 9. Dezember, welcher allen Landvögten zugestellt wurde,
versprach der Rath, ähnlich wie in Bern, „keinen Schirm noch
Burgerschaft mehr zuzusagen, auch keinen Krieg mehr anzufangen,
ohne einer Landschaft Wissen und Willen“. Ebenso wird das
„Berichten“ der Landschaft, das schon längere Zeit üblich ge-
wesen war, nun zu einem förmlichen constitutionellen Rechte er-
hoben: „Und ob wir mit etwas Artiklen oder grossen ehhaften
Beschwerungen gegen Jemand beladen wärent, dass wir gedäch-
tint in Unserem Erlyden auch Stadt und Land nit tragenlich zu
syn, dass wir Unsere biderbe Lüt uff dem land darum berath-
samen und es ihnen anzeigen söllent“ ®3).
Diese Berichterstattung geschah in Zürich, soweit dies aus
vorhandenen Beispielen ersichtlich ist, immer in der Weise, dass
Rathsabgeordnete auf die Landschaft hinausgingen, um den dor-
tigen Gemeinden von der gesammten Sachlage und der Ansicht
des Rathes Kenntniss zu geben und ihr Wolhlmeinen darüber
zu vernehmen. Es wurde hier also mehr eine Zustimmung zu
gefassten Beschlüssen und eine Bekräftigung einer bereits bestimmt
vorhandenen Regierungspolitik verlangt, während sich der Rath
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92) Diese Bestimmung betraf, genau genommen, zwar nur einen Theil der
Unterthanen, die Landschaft am Zürichsee, welche auch das Recht erhielten,
ihre Untervögte selbst zu wählen.
*2) Die übrigen Hauptbestimmungen dieses merkwürdigen Briefes richten
sich hauptsächlich unter dem damaligen Eindruck der unglücklichen Schlacht
von Cappel, gegen das Andenken der Herrschaft Zwingli's und gegen die
Geistlichkeit überhaupt, welche in der letzten Zeit allzu grossen Einfluss
auf die Politik ausgeübt und zu dem Kriege wesentlich beigetragen hatte. Der
Brief spricht daher von „harverloffenen Pfaffen, ufrührigen Schryern und
Schwaben“ mit sichtlicher Bitterkeit und bestimmt: die Prädicanten sollen
friedsam sein, auf Fried und Ruh stellen, das Gottswort nach lut beder
Testamente verkünden und sich weltlicher Sachen nit beladen.
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