Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

— 205 — 
kratien der Landsgemeindecantone, wo, trotzdem zu keinen Zeiten 
irgend eine politische Rechtsungleichheit bestand und alles Poli- 
tische seit Jahrhunderten unter freiem Himmel vor dem ganzen 
Volke verhandelt wurde, noch immer ganz die gleichen Namen 
an der Spitze stehen, die wir bereits aus der Zeit der ältesten 
Bünde als Vorsteher dieser Gemeinwesen kennen. Aus dem 
nämlichen Grunde ist es aber auch nicht nothwendig für den 
Einfluss der gebildeten Olassen ängstlich besorgt zu sein. Soferne 
dieselben sich tüchtig erhalten und nicht selbst von dem 
öffentlichen Leben zurückziehen, werden sie nach unserem Dafür- 
halten immer ihr natürliches Gewicht beibehalten, und die 
lehrreiche schweizerische Geschichte zeigt keineswegs, dass in den- 
jenigen Perioden, in welchen die Rathsboten von Bern und Zürich 
auf die Landschaften zum Berichte hinausgingen, weder das Volk 
unverständiger und petulanter, noch die Regierung weniger kräftig 
und angesehen war, als in der späteren Zeit der ausschliesslichen 
Oligarchie. 
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war in der schwei- 
zerischen Eidgenossenschaft die repräsentative Demokratie die beı 
Weitem vorherrschende Staatsform. Einzig in Graubünden und 
Wallis und in den damaligen acht Landsgemeindecantonen 3°) be- 
stand ein directes Gesetzgebungsrecht des Volkes. Ueberall 
sonst war die gesetzgebende Gewalt, die Controle über die Ver- 
waltung und die Ausübung der hoheitlichen Rechte repräsenta- 
tiven Versammlungen anvertraut, welche ursprünglich sogar durch 
Vorrechte der ehemals regierenden städtischen Bevölkerungen und 
bedeutenden Wahlcensus einen ziemlich aristokratischen Bei- 
geschmack hatten und durch Niemand, weder eine freie Presse, 
noch Vereinsthätigkeit, nicht einmal durch das Zweikammersystem 
(das bei uns nirgends ausser für die Eidgenossenschaft selbst 
besteht) in ihrer Gewalt controlirt waren. Selbst in den neuen 
Cantonen, welche auf Grund der helvetischen Revolution aus ehe- 
maligen Unterthanenländern und zugewandten Orten gebildet 
  
Gegenwärtig besteht die alte Landsgemeindeverfassung nur noch in Uri, 
Unterwalden, Glarus und Appenzell.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.