Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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tischen Folgerungen neuerdings lebhaft erörtert und aus dieser 
Zeit stammen in der Schweiz die ersten Anfänge einer Volks- 
abstimmung in dem modernen Sinne eines „Volksrechtes“. Der 
erste Canton, der sich hiezu entschloss, war der im Jahre 1803 
aus allerlei heterogenen Bestandtheilen neu construirte Canton 
St. Gallen, welcher nach langen Debatten in einem stürmisch 
bewegten Verfassungsrathe des Jahres 1831 ein sogenanntes Veto 
einführte, wonach das Volk das Recht der Genehmigung der 
Gesetze in der Weise erhielt, „dass es nach Erlassung eines Ge- 
setzes die Anerkennung und Vollziehung desselben kraft seiner 
souveränen (rewalt verweigern kann“. Demgemäss konnten 
50 Bürger einer politischen Gemeinde innert 45 Tagen nach 
Erlass eines Gesetzes (worunter Civil- und Strafgesetze, Staats- 
verträge, Gesetze über allgemeine Abgaben, Militärwesen, Ge- 
meindewesen verstanden werden) die Abhaltung einer Gemeinde- 
versammlung verlangen und darin über Anerkennung oder Nicht- 
anerkennung des betreffenden Gesetzes abstimmen lassen. Diese 
Protocolle von Gemeindeabstimmungen, die in dieser Weise 
spontan, ohne eine allgemeine Anordnung und ohne Gleichzeitig- 
keit, innerhalb der ganzen Vetofrist erfolgen konnten, wurden der 
Regierung des Cantons übermittelt, und wenn sich daraus er- 
gibt, dass die Mehrheit aller stimmberechtigten Bürger des ganzen 
Cantons gegen das Gesetz Einsprache erhoben haben, so fällt 
dasselbe dahin. Die Nichtstimmenden werden bei diesem Systeme 
naturgemäss als nicht verwerfend mit in Rechnung gezogen, wie 
denn auch diese St. Gallische Verfassung selbst, die dieses Veto 
einführte, merkwürdiger Weise ihre Annahme diesen passiven 
Bürgern verdankt *?). 
Diese Vetoeinrichtung, welche der Canton St. Gallen auch 
noch in seiner späteren Verfassung von 1861 beibehielt*?), hatte 
  
2) Es stimmten für dieselben 9190 Bürger, gegen sie 11091, nicht er- 
schienen waren die grösste Zahl, 12692. Der vorherige Beschluss des Ver- 
fassungs-Rathes diese als annehmend zu zählen, gehört zu den bedenklichsten 
Akten unserer politischen Geschichte. 
43) Mit geringen Modificationen: '/s der stimmfähigen Bürger jeder Ge- 
meinde muss das Veto begehren. Wenn innert der 4ötägigen Vetofrist 10000 
Bürger gegen das Gesetz gestimmt haben, so lässt die Regierung innert ferneren
	        
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