Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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damals in der Schweiz keinen durchschlagenden Erfolg, sondern 
stand vielfach in dem übeln Ruf eines demagogischen Agitations- 
mittels, einzig geeignet, um ein Land in beständiger politischer 
Bewegung zu erhalten und kleineren Dorfpolitikern zu einer 
momentanen Bedeutung innert den Grenzen eines engeren Vater- 
landes zu verhelfen. Das Wort „Vetosturm“ wurde nahezu zu 
einer technischen Bezeichnung für dieses Volksrecht und dasselbe 
zeigte in der T'hat, namentlich in der ersten Periode, nur zu oft 
wirklich das Bild eines Sturmes, welcher, an einem Punkt des 
politischen Horizontes sich erhebend, 45 Tage lang den ganzen 
Canton, oft unter Hinterlassung verderblicher Folgen, durch- 
brauste, während unmittelbar daneben die Appenzeller und Glarner 
Jaandsgemeinden in idyllischer Gemüthlichkeit tagten und die 
obligatorische Graubünder Volksabstimmung die überlegene Ruhe 
einer schon längst über die politischen Lehrjahre hinausgewachse- 
nen Demokratie bewahrte. Das Veto wurde zwar im Jahre 1832 
in dem durch die Losreissung neu entstandenen Halb-Canton 
Baselland, sodann 1839 und 1844 ın Wallis, 1841 mn Luzern, 
1849 im Thurgau und 1841 in Schaffhausen eingeführt, ist je- 
doch seither überall in die verwandte Form des facultativen, wenn 
nicht gar in das obligatorische Referendum übergegangen **). 
Dagegen scheiterte ein Versuch, dasselbe in Zürich einzu- 
führen, im Jahre 1842 an der geschlossenen Opposition der libe- 
ralen Partei, welche darin eine Herabsetzung der gebildeten Ele- 
mente eines Staates erblickte *5). 
Ebenso vereinzelt blieben ın dieser ersten Periode, die bis 
21 Tagen auch noch in den Gemeinden abstimmen, die sich bisher nicht 
ausgesprochen haben. Entscheidend ist im Ganzen nur die Mehrheit der 
wirklich Stimmenden (Art. 108—114). 
#44) Gegenwärtig hat dieser Name keine Bedeutung mehr. Luzern, Zug, 
Baselstadt, Schafthausen, St. Gallen werden blos irrigerweise von einzelnen 
Schriftstellern noch immer als Vetocantone angeführt. Vgl. z. B. CHATELANAT, 
die schweizerische Demokratie in ihrer Entwicklung. Bern 1879. 
45) Vgl. CurTı, Geschichte der schweizerischen Volksgesetzgebung p. 142. 
Die Frage blieb in Zürich beständig auf den Tractanden und es wurde dort 
u. A. noch neben dem Veto und dem Abberufungsrechte des Volkes gegen 
den Grossen Rath verlangt, es solle jeder Bürger Petitionen selbst oder durch 
Beauftragte im Grossen Rath mündlich vertheidigen dürfen.
	        
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