Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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in den Cantonen wenigstens, bisher noch immer dahin geht die 
zur Stunde noch sehr zahlreichen Verschiedenheiten aufzuheben 
und das einfache obligatorische Referendum über bestimmt nor- 
mirte Gregenstände, verbunden mit einer Initiative einzu- 
führen°!). Diess hätte auch in der That keine erheblichen 
constitutionellen und politischen Bedenken, da eine allzu grosse 
gesetzgeberische Willkür der cantonalen Bevölkerungen ja imner 
ihre Schranke an der Bundesgewalt und den Garantien findet, die 
sowohl in der Bundesverfassung, als in den durch das Bundes- 
gericht geschützten Cantonalverfassungen niedergelegt sind. Von 
einer sehr grossen Tragweite dagegen wäre die Einführung des 
obligatorischen Referendums und der Initiative in eidgenös- 
sischen Dingen, wie sie vielerseits bestimmt beabsichtigt wird. 
Diess allein würde entweder das föderalistische System des jetzigen 
Bundes aufheben, oder es müssten entgegengesetzte Garantien 
geschaffen werden, welche hinter die Verfassung von 1848 
zurückgehen. 
Damit kommen wir auf die für auswärtige Leser, die sich 
naturgemäss für die cantonalen Verhältnisse weniger interessiren, 
wichtigere eidgenössische Gesetzgebung °?). 
51) Dies ist die Tendenz im Friedenszustande, bei ungestörtem 
Fortbestand der Eidgenossenschaft in Bezug auf ihre inneren und äusseren 
Verhältnisse. Welchen Einfluss auswärtige Verwickelungen, oder eine innere 
Entwickelung der sozialistischen Ideen auf diese politischen Einrichtungen 
haben würden, ist schwer zu ermessen. Jedenfalls würde in allen getährlicheren 
Zeiten die Abneigung der liberalen Bourgeoisie gegen die Ausdehnung dieser 
Volksrechte sich eher verstärken, als umgekehrt. 
52) Die momentan bestehenden cantonalen Verhältnisse sind folgende: 
Ungefähr der dritte Theil der Eidgenossenschaft, 7'/ Cantone, hat das obli- 
gatorische Referendum angenommen. (Zürich, Bern, Schwyz, Solothurn, 
Baselland, Aargau, Thurgau, Graubünden). Ein anderer Dritttheil ungefähr, 
8'/s Cantone, haben das facultative Referendum, wornach die Volksabstim - 
mung nur auf besonderes Begehren oder besondere Anordnung stattfindet. 
(Luzern, Zug, Baselstadt, Schaffhausen, St. Gallen, Tessin, Waadt, Neuen- 
burg, Genf.) Von den übrigen 6 Cantonen haben Uri, Glarus und die 4 
Halbeantone Ob- und Nidwalden, Appenzell Ausser- und Innerrhoden die 
Landsgemeindeverfassung beibehalten, allerdings mit nicht in allen Theilen 
übereinstimmender Einrichtung. Wallis besitzt als letzte Erinnerung an die 
alten Verhältnisse nur noch ein sehr beschränktes Finanzreferendum, Freiburg 
Archiv für öffentliches Recht. II. 2. 15
	        
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