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Für die deutschen Schutzgebiete musste man die Ueber-
tragung des Rechts des Mutterlandes in etwas anderer Weise
bewirken, da dem deutschen Rechte der Satz fremd ist, dass
deutsche Unterthanen lediglich durch ihre Ansiedlung in fremden,
bisher herrenlosen Gebieten ihr Geburtsrecht auf dieselben als
Landesrecht verpflanzen können. Man knüpfte zu diesem Zwecke
an das in den Konsulargerichtsbezirken anzuwendende Recht an.
Nach dem Reichsgesetze über die Konsulargerichtsbarkeit
vom 10. Juli 1879 1%) haben über deutsche Reichsangehörige und
Schutzverwandte in den Ländern, in denen die Konsulargerichts-
barkeit besteht, die Konsuln Recht zu sprechen. Was nun das
anzuwendende Recht anbetrifft, so soll bezüglich des bürgerlichen
Rechts angenommen werden, dass die Reichsgesetze privatrecht-
lichen Inhalts, das allgemeine Landrecht und die allgemeinen
Landesgesetze, welche im Geltungsgebiete des allgemeinen Land-
rechts in Kraft stehen, gelten, wobei in Handelssachen das ört-
liche Handelsgewohnheitsrecht vorgeht. In Strafsachen kommen
dagegen das Reichsstrafgesetzbuch und die besonderen Reichs-
strafgesetze zur Anwendung. Diese Gesetze gelten in den Konsular-
gerichtsbezirken als persönliches Recht der Deutschen.
An sich lag es nahe, diese Grundsätze auch auf die Schutz-
gebiete anzuwenden, wodurch dann in jeder grösseren deutschen
Ansiedelung die bezeichneten Gesetze vielleicht auf dem Wege
des Gewohnheitsrechtes sehr bald den Charakter eines Territorial-
rechts des Schutzgebietes angenommen hätten. Schwierigkeiten
musste nur im Anfange der Umstand machen, dass es unmöglich
war, so lange sich der territoriale Charakter des Rechts noch
nicht entwickelt hatte, Europäer, die nicht deutsche Reichs-
angehörige waren und sich in den Schutzgebieten niederliessen,
dem deutschen Rechte zu unterwerfen. Diese Lücke ist gegen-
wärtig ausgefüllt durch das Gesetz, betreffend die Rechtsverhält-
nisse der deutschen Schutzgebiete vom 17. April 1886 1°), welches
im $. 2 bestimmt: „Das bürgerliche Recht, das Strafrecht, das
gerichtliche Verfahren einschliesslich der Gerichtsverfassung be-
stimmen sich für die Schutzgebiete nach den Vorschriften des
Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit.*“ Die in letzterem
14) R.G.Bl. 1879, S. 197.
15) R.G.Bl. 1886, S. 75 ff.
Archiv für Öffentliches Recht. I. 1. 2